Weiheämter für Frauen!

Dr. Jutta Mader-Schömer

Frau Dr. Jutta Mader-Schömer war 12 Jahre lang Krankenhausseelsorgerin, ist seit 2021 Präventionsbeauftragte eines großen katholischen Gesundheits- und Sozialträgers und seit 2023 Vorsitzende des „Netzwerks Diakonat der Frau“, in dem sich mehr als 200 Einzelpersönlichkeiten und über 50 Gruppen und Organisationen zur Förderung des sakramentalen Diakonats der Frau zusammengeschlossen haben.

Ich freue mich, dass Frau Dr. Mader-Schömer sich die Zeit genommen hat, meine Fragen zu beantworten.

Frau Dr. Mader-Schömer, welche Ziele verfolgt das Netzwerk Diakonat der Frau in der Katholischen Kirche?

Dr. Jutta Mader-Schömer: Zunächst vielen Dank für Ihre Einladung zum Interview. Die Zeit nehme ich mir gerne. 

Die Hauptziele des Netzwerks betreffen die zukunftsfähige Weiterentwicklung der Katholischen Kirche als diakonisch geprägte Glaubensgemeinschaft, die sich an Jesu Christi zuwendender Praxis orientiert. Dazu ist es aus unserer Sicht notwendig, dass Männer und Frauen gleichermaßen in Diakonischen Leitungsdiensten für die Menschen da sind, sowohl selbst in der tätigen Hinwendung als auch in der Fortbildung und Begleitung von ehrenamtlich Tätigen.

Der Zugang von Frauen zur Weihe ist wichtig.

Der Zugang von Frauen zur Weihe, die Ausstattung mit dem Sakrament, ist wichtig, unter anderem als sichtbares Zeichen: hier steht jemand verbindlich für die Kirche und ihre sakramentale Nähe zu den Menschen ein. Es wäre also notwendig, Frauen ebenso auszubilden und zu fördern, wie das bei gleicher Eignung und Bereitschaft bei Männern geschieht. Das fordern wir.

Wie sieht die aktuelle rechtliche und theologische Situation bezüglich des Diakonats der Frau in der katholischen Kirche aus?

Dr. Jutta Mader-Schömer: Rechtlich ist festgelegt: „Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann.“ So steht es in Canon 1024 des aktuellen Kirchenrechts (CIC 1983). Doch aus der Geschichte wissen wir: Rechtsnormen sind veränderlich, wenn eine Notwendigkeit dafür gesehen wird. 

Die theologische Diskussion wird breit geführt. Für alle, die es gerne nachlesen möchten, sind folgende Bücher zu empfehlen: Ganz neu erschienen ist ein Buch, das sich mit dem Diakonischen Amt insgesamt beschäftigt, aber auch starke Aussagen zum Diakonat von Frauen beinhaltet: Kiessling / Wodtke-Werner (Hg): Das Gesicht der Kirche im Alltag der Menschen? Der Ort des Diakonischen Amtes in einer Diakonischen Kirche, 2023. Und ein wichtiger Meilenstein in der Diskussion ist: Eckholt / Link-Wieczorek / Sattler / Strübind (Hrsg.): Frauen in kirchlichen Ämtern. Reformbewegungen in der Ökumene, 2018. Hier wird aus ganz unterschiedlichen ökumenischen Perspektiven das Thema beleuchtet, ausgehend vom Kongress in Osnabrück, wo dann auch die „Osnabrücker Thesen“ formuliert wurden.

Der dort geprägte Satz: „Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss“ markiert prägnant die Haltung vieler Theolog:innen und auch des Netzwerks. 

Maria 2.0 Demo Köln
Demonstration Maria 2.0 in Köln (2021)
Foto: Achim Beiermann

Der theologisch fundierte Handlungstext des Synodalen Wegs „Frauen in sakramentalen Ämtern – Perspektiven für das weltkirchliche Gespräch“ wurde schließlich im März 2023 nach intensivem Ringen um präzise und tragfähige Formulierungen mit über 93 % der Synodalen (82 % aller Bischöfe) verabschiedet. Es ist nun eine Aufgabe der Bischöfe, dieses Anliegen auch ins weltkirchliche Gespräch, aktuell besonders in die Weltsynode, einzuspeisen, so sieht es der Handlungstext vor. Wir als Netzwerk werden dies auf geeignete Weise unterstützen. 

Wie reagieren Sie als Vorsitzende des Netzwerks auf theologische Bedenken oder Widerstände gegenüber dem Diakonat der Frau in der Katholischen Kirche und wie werden diese Diskussionen geführt?

Dr. Jutta Mader-Schömer: Es macht mich traurig, wenn beispielsweise Bedenken angeführt werden, die die Zeichen der Zeit abwertend als „Zeitgeist“ bezeichnen und verkennen, dass die Herausforderungen nun mal bestehen, sich den heutigen Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen diakonisch zuzuwenden: es gibt viel Einsamkeit, Unsicherheit, Lebensängste, gefährliche politische Entwicklungen …, die es nötig machen, als Kirche da zu sein. Als Beispiel: In der Krankenhausseelsorge hatte ich viele Gespräche, in denen Patientinnen oder Partnerinnen von schwer erkrankten Menschen mir ihr Herz öffneten, und dann sagten: „Das hätte ich keinem Mann erzählen können.“

Das Diakonat der Frau ist nicht dem „Zeitgeist“ geschuldet.

Es ist nach wie vor bedeutsam, dass wir als Christ:innen, in der Nachfolge Jesu Christi, nah bei den Menschen sind, um die Frohe Botschaft in Wort und Tat anbieten zu können. Gleichzeitig müssten wir uns aber auch hörbarer in gesellschaftliche Diskurse einbringen, um z.B. auch unsere ethischen Sichtweisen darzulegen. Aber wer hört uns denn noch zu, wenn wir über Frieden und Menschenrechte sprechen, wenn wir gerechte soziale Verhältnisse einfordern, uns über ungerechte Aufteilung von Sorge-Arbeit (Gender-Care-Gap) und die Gehaltslücke (Gender-Pay-Gap) beklagen, wenn andererseits in der Kirche selbst Frauen nach wie vor marginalisiert werden? 

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Oft wird auch das funktionale Argument angeführt, dass es in der Kirche ja schon viele Frauen in Leitungsfunktionen gibt. Dies ist in den letzten Jahren tatsächlich verstärkt der Fall, und das ist auch gut so. Doch einerseits ist dies immer von der Personalpolitik des jeweiligen Bischofs abhängig und andererseits löst es nicht das Problem, wer vor Ort bei den Menschen ist. In dieser gesellschaftlich vulnerablen Situation die Bereitschaft zum Engagement von gläubigen Frauen, sich diakonisch einzubringen, abzutun mit „die können das ja auch ohne Weihe tun“, macht mich ratlos.

Wieso sollten Frauen – einmal mehr auch in der Kirche – diese Sorgearbeit ehrenamtlich und nebenbei erledigen, während die Männer, zum Teil auch ehrenamtlich, aber mit der Weihe ausgestattet und also ganz offiziell diese Tätigkeiten in Dienst und Sendung der Kirche ausüben? Das erschließt sich mir nicht. Und vielen Frauen und Männern, die (noch) in der Kirche engagiert sind, ebenfalls nicht. 

Ein weiteres theologisches Argument dafür, dass nur Männer geweiht werden könnten, wird mit Verweis auf die Brautmystik bemüht. Es heißt, Männer repräsentierten Christus, den Bräutigam und Frauen die Kirche, die Braut. Was ist denn aber mit der klaren Beauftragung Maria Magdalenas durch den Auferstandenen: „Geh und erzähle es den Brüdern?“ Und repräsentieren wir Christus nicht dadurch, dass wir TUN, WIE er getan hat? Zugewandt, helfend, unterstützend, heilend und die barmherzige Liebe Gottes weitergebend? Die Mystik verbirgt sich nach meiner Erfahrung gerade in solchen zutiefst menschlichen Gesten. 

Bei allem Einsatz und allem guten Willen, aber kann der ganze Prozess nicht letztendlich durch ein „Machtwort“ des Papstes gestoppt werden, wie zum Beispiel aktuell bei der umstrittenen Konstituierung des „Synodalen Ausschusses“?

Dr. Jutta Mader-Schömer: Ja, so ist es. Dennoch leben wir als Christ:innenen ja aus der Hoffnung.

Hoffnung

Hoffnung

In unserer Kirche, im Morgen,
wird das Wort Jesu nicht nur verkündet, sondern auch gelebt.

Wird der Mensch, jeder so, wie er ist, geliebt.

Wird getanzt und gelacht und gefeiert.
Wird das Brot geteilt und das Leid.
Wird der Wein geteilt und die Freude.

In dieser Kirche, im Morgen,
siegen Mut und Liebe, Barmherzigkeit und Mitgefühl
über Angst und Machtgier, Ausgrenzung und Selbstmitleid.

In dieser Kirche, im Morgen,
sind
Frau und Mann,
Kind und Greis,
Homo und Hetero,
arm und reich,
gebunden und ungebunden,
zusammen und allein.

Willkommen an jedem Ort und willkommen in jeder Berufung.
Willkommen als lebendiger Widerschein von Gottes liebendem Blick.

Andrea Voss-Frick / Maria 2.0
Foto: Achim Beiermann

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich …”

Dr. Jutta Mader-Schömer: Von Gottes unbedingter Liebe erfahre ich Bestärkung, Ermutigung, Zuversicht. Gebet ist für mich wichtig, um mich immer wieder neu auf diese Nähe Gottes, das Vorbild Jesu Christi und die Lebensbegleitung der Geistkraft einzustimmen und hinzuwenden.

Ich danke für das Gespräch.

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