Schmerzen zu lindern ist eine unserer wichtigsten Aufgaben

Dr. Martin Zodrow

Herr Dr. Martin Zodrow ist Facharzt für Anästhesiologie und ärztlicher Leiter des Palliative Care Teams (PCT) der Stiftung Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf. Das PCT Düsseldorf kümmert sich um Menschen, die an einer nicht heilbaren Erkrankung leiden und bis zu ihrem Lebensende in ihrer vertrauten Umgebung leben möchten. Auch betreuen die Ärzte des PCT Düsseldorf die meisten Patienten in den Hospizen EVK Bilk und Caritas Garath. Ich freue mich, dass Herr Dr. Zodrow, der auch Theologe ist, sich die Zeit zur Beantwortung meiner Fragen genommen hat.

Herr Dr. Zodrow, was hat Sie dazu bewogen, sich als Arzt der Palliativmedizin zuzuwenden?

Herr Dr. Zodrow: Seit dem Beginn meiner Ausbildung als Anästhesist 1996 habe ich regelmäßig auch im Bereich Schmerztherapie und Palliativmedizin gearbeitet und ebenso meine Weiterbildung Palliativmedizin 2005 absolviert. Auch auf der Intensivstation kam es nicht selten zu ärztlichen Entscheidungen am Lebensende. So war es ein relativ kleiner Schritt, 2018 in die Palliativmedizin zu wechseln.

Baum
Foto: Achim Beiermann

Sie werden nahezu täglich mit Sterbenden und trauernden Hinterbliebenen konfrontiert. Wie können Sie und Ihr Team Sterbenden die Angst vor dem Tod nehmen, Schmerzen lindern und die Angehörigen begleiten?

Herr Dr. Zodrow: “Die Angst vor dem Tod nehmen” kann man glaube ich nicht. Es ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich, ob er/sie überhaupt Angst hat und wenn ja, dann wovor. Dies muss mit jedem Patienten einzeln geklärt werden. Mit unserem multiprofessionellen Team und dem Patienten entwickeln wir Strategien, mit Ängsten leben zu können oder etwas gegen die Ursachen zu tun.

“Schmerzen lindern” ist eins unserer Haupttätigkeitsfelder.

“Schmerzen lindern” ist eins unserer Haupttätigkeitsfelder: Dies wird von uns auf den vier Ebenen des Leides (psychisch, physisch, sozial, spirituell) angegangen. In jedem dieser Bereiche gibt es spezifische Behandlungswege und Zugangsmöglichkeiten.

“Die Angehörigen begleiten” ist wesentlicher Teil unserer Arbeit. Wir führen, so unsere Studien und unsere Erfahrung, etwa die eine Hälfte unserer Gespräche in der Häuslichkeit mit den Patienten, die andere Hälfte mit den Angehörigen. Viele unserer inhaltlichen und logistischen Unterstützungsangebote richten sich auch speziell an die Angehörigen.

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Wie erleben Sie und Ihr Team die Menschen in ihren letzten Lebensmonaten? Welche Rolle spielt das Gebet bei den Sterbenden und ihren Angehörigen?

Herr Dr. Zodrow: Menschen sind am Ende ihres Lebens genauso verschieden wie davor. Wir erleben sehr unterschiedliche Menschen in den letzten Lebensmonaten mit sehr unterschiedlichen Problemen. Es ist kaum möglich, hier allgemeine Aussagen zu treffen.

Das Gebet spielt insgesamt eine sehr untergeordnete Rolle, die meisten unserer Patienten bezeichnen sich als “nicht-religiös”. Bei bekennenden jüdischen, muslimischen oder christlichen Familien kommt das Gebet manchmal während unserer Anwesenheit vor. Sehr selten werde ich auch gebeten mitzubeten.

Sonne im Wald
Foto: Achim Beiermann

Das persönliche Gebet ist für mich in erster Linie Ausdruck meiner Dankbarkeit, den heutigen Tag geschenkt zu bekommen.

Es ist sicher nicht einfach, sich jeden Tag mit dem Tod auseinandersetzen zu müssen. Kann das persönliche Gebet Ihnen dabei helfen?

Herr Dr. Zodrow: Es ist für jeden Arzt – und ich denke auch insbesondere für Intensiv- oder Palliativmediziner – tägliches Brot, den Tod vor Augen zu haben. Die Auseinandersetzung damit führt nach meiner Erfahrung unabhängig von religiöser Orientierung vor allem zu Dankbarkeit und Demut. Das persönliche Gebet ist für mich in erster Linie Ausdruck meiner Dankbarkeit, den heutigen Tag geschenkt zu bekommen.

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich…”

Herr Dr. Zodrow: Gebet ist für mich der ständige Kontakt zu meinem HERRN, der mich in Seiner Gnade am Leben erhält und mich durch mein Leben trägt.

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