Warum lässt Gott Kriege zu?

Philippa Rath

Schwester Philippa Rath ist Benediktinerin der Abtei St. Hildegard in Rüdesheim-Eibingen und stammt aus Ratingen. Sie schreibt regelmäßig in der Rheinischen Post für die Rubrik „Gott und die Welt“ im Wechsel mit der evangelischen Pfarrerin Friederike Lambrich, Rabbi Jehoschua Ahrens und dem Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide.

Schwester Philippa Rath, angesichts des Kriegs in der Ukraine stellen sich viele Menschen die Frage, warum Gott das zulässt? Was antworten Sie diesen Menschen?

Schwester Philippa Rath: Seit zehn Tagen schon ist das Schreckgespenst des Krieges wieder da. Direkt vor unserer Haustür: Tausende von Toten und Verwundeten, annähernd einer Millionen Flüchtlinge, brutalste Zerstörungen, Angst, Wut, Verzweiflung. Dabei waren wir uns doch so sicher, dass der Ruf „Nie wieder Krieg!“ auf Dauer Bestand haben würde. Zumindest in Europa.

Soldat
Gefallenendenkmal auf dem Waldfriedhof in Düsseldorf-Gerresheim
Foto: Achim Beiermann

Dem sind nun Fassungslosigkeit und pures Grauen gefolgt. Realitätsschock nennen das viele Fachleute. Auch die Frage „Wie kann Gott das zulassen?“ ist wieder da. Und erneut vergessen wir, dass der Mensch keine Marionette, sondern mit Vernunft ausgestattet und in Freiheit gesetzt ist.

Für Größenwahn und Machtgier, Skrupellosigkeit und Gewalt sind wir selbst verantwortlich, so beschämend das auch ist.

Für Größenwahn und Machtgier, Skrupellosigkeit und Gewalt sind wir selbst verantwortlich, so beschämend das auch ist. Was können wir jetzt tun? Nur abwarten und hoffen, dass die Sanktionen greifen, dass irgendjemand den Diktator zur Vernunft bringt, dass der russisch-orthodoxe Patriarch eine Friedensinitiative ergreift?

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Ich denke, wir können noch mehr tun: Wir können Geflüchtete aufnehmen und beherbergen. Wir können an Friedensdemonstrationen teilnehmen. Wir können Geld- und Sachwerte spenden. Und wir können beten. Jedes Zeichen der Solidarität macht den Ukrainern Mut und gibt ihnen Kraft.

Waldfriedhof
Kapelle auf dem Waldfriedhof in Düsseldorf-Gerresheim
Foto: Achim Beiermann

Frieden will aber auch im Kleinen gelebt werden und kann von dort ausstrahlen in die Welt. Deshalb könnten wir – Gläubige aller Religionen und Konfessionen und auch Nichtgläubige – uns das Gebet des Franz von Assisi zu eigen machen: „Gott, mach mich zum Werkzeug deines Friedens, dass ich liebe, wo man hasst; dass ich verbinde, wo Streit ist; dass ich die Wahrheit sage, wo Lüge herrscht; dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert; dass ich Freude bringe, wo Kummer wohnt. Herr, lass mich trachten: nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste; nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe; nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.“

(Die Antwort erschien ursprünglich in der Ausgabe der Rheinischen Post vom 5. März 2022. Ich danke neben Schwester Philippa Rath auch dem Leitenden Redakteur der Rheinischen Post, Herrn Dr. Kessler, dass ich den Artikel an dieser Stelle veröffentlichen durfte.)

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