„Liebt eure Feinde!“

Pfarrer Jürgen Hoffmann

Jürgen Hoffmann ist Pfarrer der evangelischen Tersteegen-Kirchengemeinde in Düsseldorf. Ich freue mich, dass Herr Hoffmann damit einverstanden ist, dass ich einen seiner täglichen spirituellen Impulse als aktuellen Beitrag (August 2023) für die Rubrik „An(ge)dacht“ verwenden darf.

„Liebt eure Feinde!“

Das ist das Gebot Jesu, an dem unser Verstand und unsere Wirklichkeit an ihre Grenzen stoßen. Als Monatsspruch durchzieht es den August und trifft natürlich den Nerv unserer Zeit. Das Gebot Jesu, seine Feinde zu lieben (Matthäusevangelium, 5, 44.45), ruft ja quasi automatisch die Reaktion hervor: „Unmöglich!“. Ein echter Prüfstein.

Wie herausfordernd ist es schon, seine „Nächsten“ zu lieben?! Selbst dabei stoßen wir an unsere Grenzen. Die Vorstellung, den Menschen, die Gewalt, Unfrieden, Hass, unendliches Leid in die Welt tragen, auch noch mit Liebe zu begegnen, erscheint geradezu verrückt.

Eskalation der Gewalt
Foto: Pixabay/Tomasz_Mikolajczyk

Wer in seinem Zerstörungswillen keinen Halt kennt, den kann man kaum mit einem „Schmusekurs“ zum Umdenken oder Umkehren bewegen. Und wer, wie viele Menschen in der Ukraine, den Verlust von Heimat und geliebten Menschen erfahren hat, trägt verständlicherweise Trauer und Zorn, vielleicht den Wunsch nach Vergeltung in sich – aber wohl kaum Liebe für seine Feinde.

Nein, ich möchte nicht die Weltpolitik zum Thema machen und schon gar keine Lösungen anbieten. Ich fühle mich ja selbst zerrissen zwischen dem Irrsinn, zu glauben, immer mehr Waffen könnten zum Frieden führen und der gegensätzlichen und ebenso fatalen Option, sich einem Aggressor zu unterwerfen – und sich damit aufzugeben. Mit Jesu Worten: Seinem Gegner die linke und die rechte Seite hinzuhalten, wenn er denn zuschlägt.

Wo eine Umarmung völlig ausgeschlossen ist, geht aber vielleicht ein Gebet.

Aber: Das Gebot zur Feindesliebe hat ja noch (mindestens) eine zweite Seite – und auf die sollten wir einmal schauen. Wo eine Umarmung völlig ausgeschlossen ist, geht aber vielleicht ein Gebet.

„Liebt eure Feinde und betet für sie.“

Im Gebet können wir – ganz grundsätzlich – etwas an Gott abgeben und dies im Vertrauen darauf, dass Gottes Möglichkeiten so viel größer sind, als unsere. Es waren die Gebete der Christen in der ehemaligen DDR, die am Ende die Wende herbeigeführt haben. Es könnten heute unsere Gebete sein, die einen Unterschied machen – und etwas in Gang setzen, dessen Auswirkungen wir überhaupt nicht in der Hand haben. Gebete können eine Wirkung entfalten, die weit über das hinausgeht, was wir uns vorstellen können.

Im Gebet können wir – ganz grundsätzlich – etwas an Gott abgeben und dies im Vertrauen darauf, dass Gottes Möglichkeiten so viel größer sind, als unsere. Es waren die Gebete der Christen in der ehemaligen DDR, die am Ende die Wende herbeigeführt haben. Es könnten heute unsere Gebete sein, die einen Unterschied machen – und etwas in Gang setzen, dessen Auswirkungen wir überhaupt nicht in der Hand haben. Gebete können eine Wirkung entfalten, die weit über das hinausgeht, was wir uns vorstellen können.

Zuerst einmal verändert es uns (!), wenn wir beten.

Der Friede, den wir der Welt wünschen, darf und soll ja bei uns selbst beginnen. Das wäre schon einmal ein Anfang, wenn wir mit uns selbst im Frieden wären. Wir werden merken, dass es schon bei uns selbst nicht so einfach ist. Darum sehe ich darin den allerersten und wichtigsten Schritt, dass wir bei uns selbst beginnen – und uns nicht von einer Sprache der Gewalt anstecken lassen, sondern eine Sprache der Liebe finden.

Frieden darf und soll bei uns selbst beginnen
Foto: Achim Beiermann

Die Sprache der Liebe verweigert sich der Gewalt.

Diese Sprache der Liebe schließt nicht aus.
Sie macht niemanden zu Feinden.
Sie sucht nach dem Frieden, nach dem Segen in allem.
Sie verweigert sich der Gewalt.
Sie ist bereit, auch scheinbar Unvernünftiges zu glauben, zu hoffen und zu wagen.
Sie weiß um die „Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart“ (Gerhard Tersteegen)
– und darum, dass wir selbst ja geliebte Kinder Gottes sind – wie alle anderen auch.

Feindesliebe – ich lade Sie ein, in diesem Monat für einen „Feind“ zu beten.
Ob Ihr Gebet einen Unterschied macht? Ich glaube das unbedingt und wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit!