Gefühlsdolmetscherin und Fährfrau

Marlis Lamers

Marlis Lamers ist Unternehmerin, Trainerin für Mimikresonanz® sowie Gefühlsdolmetscherin und Fährfrau. Ich freue mich, dass Frau Lamers sich die Zeit genommen hat, meine Fragen zu beantworten.

Frau Lamers, wenn Sie Ihre berufliche Tätigkeit beschreiben, dann tauchen drei Begriffe auf, die vielen Menschen sicher nicht so geläufig sind: Trainerin für Mimikresonanz®, Gefühlsdolmetscherin und Fährfrau. Können Sie diese bitte etwas näher erläutern?

Marlis Lamers: Die Mimikresonanz® beschäftigt sich mit der Körpersprache des Menschen und seinen verschiedenen Wirkkanälen, wie z.B. der Mimik, Gestik, Stimme, Raumverhalten, etc. Den Schwerpunkt bilden dabei die zuverlässigen Merkmale der Primäremotionen. Signale, an denen ich erkenne, um welche Emotion es sich handelt, die das Gegenüber nicht verbalisieren kann oder will.

Insofern ergibt sich der Begriff der Gefühlsdolmetscherin. “Ich sehe das, was Du nicht sagst”, ist mein Claim dazu.

Ich arbeite zusätzlich als Freie Rednerin (Trauungen, Abschiednahmen, etc.). In diesem Kontext begleite ich Menschen von einer Seite zur anderen; auf dem Weg des Abschiedes zum Raum der Erinnerungen; vom Singledasein in eine feste Zweisamkeit. Ich nutze mein Wissen zur Emotionserkennung und unterstütze Transformationsprozesse, zum Beispiel nach einem Verlust wieder in die Kraft und die Lebensfreude zu kommen. All das entspricht der Arbeit einer Fährfrau.

Wie wirkt sich die Gefühlsdolmetschung auf die Betreuung und das Wohlbefinden von Demenzkranken aus?

Marlis Lamers: Menschen mit einer Demenz sind ab einem bestimmten Stadium ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage, sich adäquat verbal zu äußern. Entweder können sie die Worte nicht mehr sinngemäß verwenden oder die Sprache geht ihnen vollständig verloren. An dem Punkt ist es essentiell, die Zeichen der nonverbalen Kommunikation zu erkennen und so noch eine längere Zeit mit den Menschen verbal in Kontakt bleiben zu können.

Mann im Krankenhaus
Menschen bedürfnisorientiert begleiten
Foto: Pixabay

Besonders die Schmerzerkennung ist mir dabei ein Herzensanliegen. Die Patient*innen sind oftmals nicht in der Lage, eindeutige Schmerzaussagen zu treffen und die vorhandenen Schmerzerfassungen sind eher oberflächlich. Umso wichtiger ist es, die eindeutigen Merkmale des Schmerzes zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Der Schmerzausdruck wird erfahrungsgemäß häufig mit dem Ausdruck einer Ekelemotion verwechselt, was fatale Folgen für den Patienten/die Patientin hat.

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Wie können Angehörige und Pflegekräfte von dem Konzept der Gefühlsdolmetschung profitieren und wie können sie es in ihren Alltag integrieren?

Marlis Lamers: Sobald ich die Merkmale der Emotionen kenne, was wahrlich keine Raketenwissenschaft ist, sehe ich das dahinterliegende Bedürfnis und kann Menschen bedürfnisorientiert begleiten, ein Ziel achtsamer Pflege. Die Emotionserkennung eröffnet mir bei verbal eingeschränkten Menschen neue Wege der Begleitung.

Im Umgang mit Angehörigen ist es ein kommunikatives Werkzeug, das Nicht-Gesagtes sichtbar macht, Missverständnisse und Konflikte entschärft und die Kommunikation erleichtert.

Kommen wir nun zur Fährfrau, also zur Begleiterin in Abschied, Tod und Trauer. Können Sie uns einen Einblick geben, was Ihre Rolle als Fährfrau genau beinhaltet und wie Sie Menschen in diesen schwierigen Lebensphasen unterstützen?

Marlis Lamers: Im Trauergespräch lerne ich Menschen kennen und habe ein feines Gespür für ihre Bedürfnisse. Meine Aufgabe sehe ich bei einer Abschiednahme darin, den Verstorbenen/ die Verstorbene noch einmal lebendig werden zu lassen, mit allen Facetten des Seins.

Es geht immer um den Seitenwechsel, den Perspektivwechsel, ähnlich der Überfahrt auf einem Gewässer.

Gestalte ich den Abschied für (Sternen-)Kinder, mit denen es noch wenig gemeinsame Erlebnisse gibt, versuche ich den Trauernden Perspektiven aufzuzeigen, die ein Licht am Horizont erkennen lassen. Trösten kann ich nicht, das wäre übergriffig. Ich kann dennoch alternative Gedanken mitgeben, die irgendwann die Schwere des Verlustes mildern können.

Es geht immer um den Seitenwechsel, den Perspektivwechsel, ähnlich der Überfahrt auf einem Gewässer.

Ich schreibe für Menschen Abschiedsreden, die sie selber halten, aber nicht formulieren können oder wollen; ich finde Worte in der Sprachlosigkeit, wieder ein Übergang.

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich …” 

Marlis Lamers: Gebet ist für mich einer von vielen Wegen, Kraft zu schöpfen, Zuversicht zu stärken und mein sehr privates Anliegen vertrauensvoll zu teilen.

Ich danke für das Gespräch.

Hinweis:

Marlis Lammers betreibt auch den YouTube Kanal “Kommunikation Wortlos“.

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