Jürgen Hoffmann ist Pfarrer der evangelischen Tersteegen-Kirchengemeinde in Düsseldorf. Ich freue mich, dass ich einen seiner spirituellen Impulse als monatlichen Beitrag für die Rubrik “An(ge)dacht” verwenden darf.
„Herr, du erforschest mich und kennest mich.
Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;
du verstehst meine Gedanken von ferne.
Ich gehe oder liege, so bist du um mich
und siehst alle meine Wege.
Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge,
das du, Herr, nicht schon wüsstest.“ (Psalm 139, 1-4)
Der Psalm 139 hat es mir angetan.
Ich mag diesen Gedanken, dass Gott mich kennt, sehr. Das schließt für mich ein, dass Gott mich besser kennt, als ich mich selber kenne, mich tiefer versteht, als ich mich selbst verstehe.
Natürlich könnte man diese ersten Verse in Psalm 139 auch so lesen, dass Gott uns kontrolliert, uns gewissermaßen ausspioniert, uns keinen Schritt unbeobachtet machen lässt. Ein Gott, der schon im voraus weiß, was wir denken, sagen oder tun werden, könnte uns im schlimmsten Fall Angst machen, uns das Gefühl geben, dass er uns verfolgt.
Dann wäre es nur noch ein kleiner Schritt zu einer Vorstellung von Gott, die in ihm einen „Big Brother“ sieht – wie in Georg Orwells „1984“.
„Der liebe Gott sieht alles“, ist durchaus ein Satz, den ich in Kindertagen mitbekommen habe – und die Vorstellung, dass dieser „liebe Gott“ die „kleinen Sünden sofort“ und die „großen etwas später“ bestraft, ebenfalls.
Wenn Sie ähnliche Botschaften bekommen haben, ist es irgendwann an der Zeit, sie zu entsorgen und sich von ihnen zu trennen.
Sie erzeugen eine ganz unbegründete Angst vor Gott und rücken ihn in ein völlig falsches Licht, wie wir im weiteren Verlauf des Psalm 139 noch sehen werden.
Dass Gott uns kennt – durch und durch – bis hinein in unsere tiefsten Gedanken, braucht uns nicht zu beunruhigen – im Gegenteil. Gott wird nie sein Wissen über uns gegen uns ausspielen. Er wird, gerade weil er uns so gut kennt, an unserer Seite sein.
Gehen Sie ruhig einmal davon aus, dass Gott etwas Gutes für Sie und Ihr Leben möchte.
Der Verfasser des 139. Psalms war überzeugt davon, dass es so ist. Er weiß, dass er sich mit allem, was er denkt, sagt und tut, Gott anvertrauen und sich bei ihm geborgen wissen kann. Darüber kommt er ins Staunen und er schließt seine Gedanken mit dem Satz:
„Von allen Seiten umgibst du mich
und hältst deine Hand über mir.“ (Psalm 139, 5)
Ist doch wunderbar – oder?
Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Zeit!