Ein Blick durchs Schlüsselloch

Heinz Frantzmann

Heinz Frantzmann war als evangelischer Pfarrer in Düsseldorf tätig, in der Kirchengemeinde Düsseldorf-Eller und bei der Diakonie. Im Jahr 2019 wurde er in den Ruhestand verabschiedet.
Ich bin dankbar dafür, dass sich Herr Frantzmann bereit erklärt hat, in 2022 die monatlichen Beiträge für die Kolumne “Angedacht” zu schreiben.

Ein Blick durchs Schlüsselloch

Alle Jahre wieder: Advent und Weihnachten. 

Was wäre die vorweihnachtliche Zeit ohne die vielen Lichter, auch wenn wir in diesem Jahr hoffentlich etwas sparsamer damit umgehen? 

Es scheint, als wollte man die die frühe Dunkelheit in dieser Jahreszeit verdrängen und durch Kunstlicht oder Kerzenlicht ersetzen. Aber die Dunkelheit lässt sich nicht künstlich verdrängen. 

Vielleicht ist der Advent sogar die Zeit, die uns daran erinnern und unseren Blick auf das Kommende schärfen will. 

Dabei hilft mir die Erinnerung an meine Kindheit und dieser adventliche Blick durchs Schlüsselloch. Als Kinder haben wir ihn geliebt. Vor allem an Heiligabend. Da durften wir nicht mehr ins Wohnzimmer. 

Aber es gab ja noch ein Schlüsselloch. Und da haben wir Kinder uns dann davor gedrängelt, um wenigstens einen kleinen Blick durchs Schlüsselloch zu erhaschen. 

Was ich damals gesehen habe, weiß ich gar nicht mehr – aber ich erinnere mich noch genau an dieses Gefühl, nicht mehr warten und endlich etwas sehen zu wollen! 

Dieses Gefühl gibt es ja nicht nur an Weihnachten.
Diese Sehnsucht, die Ungeduld.
Wie lässt sich die Wartezeit verkürzen?
Wie kann man vorher schon einen Blick erhaschen? 


Gerade in schweren Zeiten fragen viele: Wann hört die Belastung endlich auf? Wann wird es endlich besser, leichter? Ist denn etwas Gutes in Sicht 

Schlüssellöcher geben den Blick frei. Und sie sind durchlässig für die Sehnsucht und die Hoffnung. Für mich ist der ganze Advent so eine Art Schlüsselloch. 

Er lädt uns ein, zu suchen, worauf wir hoffen. Einen Blick auf das zu ergattern, wonach wir uns sehnen. 

Worauf richtet sich Ihre Hoffnung, Ihre Sehnsucht im Advent? 

Ich hoffe auf Begegnungen, die gut tun. Ich hoffe darauf, mehr Zeit zu haben für das, was wirklich wichtig ist. Und ich hoffe auf Gott. Dass er kommt. Als Mensch unter uns Menschen. Dass er bei uns ist. Und dass es anders wird in der Welt. Kein Krieg mehr, endlich Frieden. Menschen, die hungern, werden, satt – und wir Menschen kümmern uns umeinander. 

Advent ist die kurze Zeit, der kleine Ausschnitt, durch den wir schon jetzt eine Ahnung, einen Vorgeschmack davon bekommen und damit anfangen können, was zu verändern. 

Als Kinder haben wir durch das Schlüsselloch immer viel zu wenig gesehen. Und viel zu kurz. 

Aber das hat uns nicht davon abgehalten, es immer wieder zu versuchen. Und uns darauf zu freuen, dass irgendwann die Tür aufgeht und die Erwartung erfüllt wird! 

Noch ist es nicht so weit. 

Aber bis dahin haben wir immerhin den Blick durchs Schlüsselloch. 

Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit wünscht Heinz Frantzmann Pfarrer i.R.