Das traditionelle Grab verliert an Bedeutung

Regina Baumeister-Grauel

Frau Regina Baumeister-Grauel arbeitet in der Steinmetzwerkstatt Grauel in Düsseldorf. Die Steinmetzwerkstatt entwickelt und führt Werksteinarbeiten für industrielle, gewerbliche und private Nutzung aus. Dazu zählen beispielsweise auch einzigartige Stücke zur Grabgestaltung, die von der Werkstatt entworfen und geschaffen werden. Ich freue mich, dass sich Frau Baumeister-Grauel, zu deren Arbeitsschwerpunkten die Planung und Ausführungszeichnungen zählen, für die Beantwortung der folgenden Fragen bereit gefunden hat.

Frau Baumeister-Grauel, was hat dazu geführt, dass Sie vor über 30 Jahren als studierte Innenarchitektin in eine Steinmetzwerkstatt gewechselt sind? 

Regina Baumeister-Grauel: Genau genommen habe ich nicht gewechselt, sondern bin gleich in die Werkstatt eingestiegen. Die Liebe hat mich hierher geführt. Ich habe meinen Mann schon während des Studiums kennengelernt. Damals habe ich bei einem Steinmetzkollegen nebenher im Büro gejobbt und an den Gestaltungskreisen unter Kollegen teilgenommen. Bei einer gemeinsamen Fahrradtour kam dann eins zum anderen…. 

Grabmal
Grabmal auf dem Waldfriedhof Gerresheim in Düsseldorf
Foto: Achim Beiermann

Die Arbeit in einer Steinmetzwerkstatt verlangt handwerkliches und mit Sicherheit viel künstlerisches Können. Wenn es dabei konkret um die Gestaltung und Fertigung von Grabmalen geht, kommt dann noch eine “Prise” Religion für Sie dazu? Wie wirkt sich diese Prise auf Ihre Arbeit aus?

Regina Baumeister-Grauel: Wichtig ist vor allem im Umgang mit den Hinterbliebenen ein hohes Maß an Empathie und Einfühlungsvermögen. Im Gespräch kristallisiert sich dann heraus, ob Religion von Bedeutung war für den Verstorbenen und entsprechende Symbole eine Rolle spielen sollen. Christliche Zeichen verlieren aber zunehmend an Bedeutung und werden nur noch selten gewünscht. Meist reduziert sich die Inschrift auf Namen und Daten der Verstorbenen. Durch meine christliche Prägung verläuft ein Gespräch sicher anders, als wenn ich nicht so aufgewachsen wäre, aber in Worte fassen lässt sich das für mich nicht. 

So wie die Gesellschaft sich gewandelt hat, so wandelt sich auch die Grabkultur.

Können Sie etwas dazu sagen, ob und wie sich aus Ihrer Sicht die Grabkultur in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat?

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Regina Baumeister-Grauel: Das ist ein großes Thema und wäre ein mehrere Abende füllendes Programm. So wie die Gesellschaft sich gewandelt hat, so wandelt sich auch die Grabkultur. Große Familiengrabstätten sind höchst selten geworden, die klassische Grabstelle verliert an Bedeutung, die anonymen Bestattungsformen nehmen immer mehr zu. Wen dieses Thema näher interessiert, dem empfehle ich das Museum für Sepulkralkultur in Kassel, das kulturgeschichtliche Spezialmuseum  widmet sich dem Themenfeld Sterben, Tod, Bestattung, Trauer und Gedenken.

Es gibt natürlich Grenzen des guten Geschmacks.

“Er hat gekocht sein ganzes Leben, bis er den Löffel abgegeben”, so lautet die Inschrift auf dem Grabstein eines verstorbenen Kochs. Werden an Sie ebenfalls Wünsche nach ausgefallenen Inschriften herangetragen und wenn ja, gibt es für Sie eine Grenze des guten Geschmacks?

Regina Baumeister-Grauel: Natürlich gibt es Grenzen des guten Geschmacks. Besonders ausgefallene Wünsche zu Sprüchen wurden aber noch nie an uns herangetragen. In Gewissensnöte sind wir noch nicht gekommen. Es gibt die Klassiker wie “geliebt und unvergessen” oder Gedichtssätze, Kurioses war aber noch nicht dabei.

Es gibt tatsächlich Literatur zu dem Thema mit extremen Beispielen, da ist der Satz: “Hier liegen meine Gebeine, ich wünscht es wären Deine” noch recht harmlos …

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich…”

Regina Baumeister-Grauel: Gebet ist für mich nicht das klassische Aufsagen von eingeübten oder vorgegebenen Texten, sondern immer ein Zwiegespräch über Dinge, die gerade die Gedanken bestimmen.

Ich danke für das Gespräch.

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