Durchs Pilgern neu geboren

Roman Massold

Herr Roman Massold ist bis heute in seinem Beruf in Teilzeit geblieben, parallel studiert er Evangelische Theologie. Ich freue mich, dass Herr Massold sich für die Beantwortung der folgenden Fragen bereit erklärt hat.

Herr Massold, was machen Sie beruflich und was war der Auslöser, sich in eine ganz andere Richtung zu orientieren?

Roman Massold: Seit etlichen Jahren arbeite ich bei einem mittelständischen Industrieunternehmen als Bilanzbuchhalter und betreue dort bis dato mit Freude eine holländische Handelsvertretung. Diese Arbeit erfüllt insofern ihren Zweck, da sie mich unabhängig macht, für ein geregeltes Einkommen sorgt und mich sozial absichert. Vor einigen Jahren dann, nach einem längeren Reifeprozess, kam in mir der Entschluss eine andere Richtung einzuschlagen. Ich bezeichne es sogar als eine Art Umkehr.

Alles begann mit einer persönlichen Lebenskrise, wie so oft bei uns Menschen, bevor eine Veränderung unausweichlich wird. Eines Tages später fragte mich ein Freund, ob ich einmal mit ihm pilgern möchte. Anfangs ahnte ich noch nicht, was das Pilgern für weitreichende Konsequenzen für mich nach sich ziehen würde. Die etlichen Begegnungen mit den Menschen auf den Pilgerwegen haben in mir nach und nach tiefgreifende Denkanstöße ausgelöst.

Ich klebte früher an so viel unnützen Dingen und an Menschen, die mir teils nicht guttaten.

Ich sah so viel Gastfreundschaft und Liebe bei fremden Menschen in ihren Häusern und Wohnungen. Mein Blickwinkel für die Menschen änderte sich radikal. Materielle Dinge, die ich vorher als wichtig betrachtete, erschienen mir auf einmal relativ belanglos. Ich klebte vorher regelrecht an so viel unnützen Dingen und an Menschen, die mir teils nicht guttaten. Beim Pilgern spürte ich einen regelrechten Befreiungsschlag – eine Neugeburt.

Dann kam eines Tages dieses innere Rufen in mir dazu, das ich in Worte kaum fassen kann. Es sollte mein Leben auf den Kopf stellen. Vielleicht hat es sich so oder so ähnlich einst auch bei Jona angefühlt. Ein einfaches Weglaufen vor diesem Rufen erschien mir als ausweglos, da es eine große Wirkungskraft hatte und es bis heute hat. Nichtgläubige Menschen würden es vielleicht als einen innerlichen Umtrieb bezeichnen, als Christ definiere ich es als ein Wirken des HERRN an mir.

Johanneskirche Düsseldorf
Johanneskirche Düsseldorf
Foto: Achim Beiermann

Ich stelle es mir nicht einfach vor, sich von einem Beruf (in Ihrem Falle bedingt) zu verabschieden, der einem nicht zuletzt eine gewisse Lebensqualität und finanzielle Sicherheit geboten hat, um sich dann auf ein „Abenteuer“ mit noch einem ungewissen Ausgang einzulassen. Wie ist es damit für Sie bis dato verlaufen?

Roman Massold: Die Arbeit und das Studium miteinander in Einklang zu bringen, ist für mich stets von Anfang an eine große Herausforderung gewesen. Ohne die Unterstützung des Arbeitgebers durch flexiblere Arbeitszeiten und ohne das Verständnis des Partners für die späten Lernabende, ist so ein Vorhaben einfach nicht möglich. Nur, wenn ein gewisser Freiraum von allen Seiten ermöglicht wird, kann neben der Arbeit parallel ein Studium realisiert werden, vor allem eins Richtung Geisteswissenschaften, was recht zeitintensiv ist und recht lange dauert.

Der HERR hält mich, stärkt mich und begleitet mich mit seinem Wort.

Für diese Mitmenschen bin ich dem HERRN sehr dankbar! Sie sind zum Teil auch Christen – wie ich – und pflegen eine Beziehung zum Göttlichen. Dies ist ein großer Segen für mich! Ich sehe es aber auch als ein Werk des HERRN an, der für mich durch alle Zeiten diesen Weg bahnt, mich hält, stärkt und mit seinem Wort begleitet.

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Nicht jeder, der Evangelische Theologie studiert, wird Pfarrer. Was möchten Sie nach Abschluss Ihres Studiums machen?

Roman Massold: Nun, um ehrlich zu sein, gibt es da tatsächlich ein Ziel, das aber noch nicht spruchreif ist. Von Anfang an habe ich mir erst einmal Zwischenziele gesetzt, die ich zu erreichen habe, um im Theologiestudium überhaupt weiterkommen zu können. Daher konzentriere ich mich derzeit schwerpunktmäßig auf die drei alten Sprachen, die es zu erlernen gilt: Alt-Hebräisch, Alt-Griechisch und Latein. Zwei davon habe ich erfolgreich absolvieren können – GOTT sei Dank! 

Mit Latein fange ich dann ab Oktober an. Wer diese Hürden überwindet, hat eine gewisse Vorleistung erbracht, um die Wissenschaft dann in ihrer Tiefe erfassen zu können. Sie können mir glauben, dass diese alten Sprachen mich oft an den Rand des Wahnsinns gebracht haben. Es gab da Momente, wo ich dachte, das war’s! Doch GOTTES Plan war bisher der, dass ich weiterkomme und dafür bin ich sehr dankbar.

Gab es während des Studiums schon mal Momente, in denen Sie Zweifel hatten, ob Ihre Entscheidung richtig war?

Roman Massold: O ja, diese Momente gab es sehr wohl bei mir, vor allem im 1. Semester, in dem die Studierenden i.d.R. in das Studium der Evangelischen Theologie eingeführt werden. Ich erinnere mich da noch sehr gut an einige Abende in der Fakultät, an denen meine Zweifel auf einmal sehr lebendig wurden. Ich fragte mich, wie soll ich mit manchen Fragen, die zuvor in den Raum geworfen wurden, umgehen? Mein eigener christlicher Glaube wurde dabei in diesem Propädeutikum ordentlich auf die harte Probe gestellt, was ich im Nachhinein als richtig und wichtig empfinde, denn in Glaubensfragen können die Kinder GOTTES, auch in der Gemeinde, extreme Denkweisen entwickeln, zu diesen neigen oder gar tief in sie abdriften.

In der so genannten Vorbereitungsphase wird der eigene Glaube ordentlich durcheinander gewirbelt.

Das ist immer die Gefahr, die da im Raum mitschwebt. Wenn man es aber dennoch durch diese so genannte Vorbereitungsphase geschafft hat, bei der der eigene Glaube ordentlich durcheinander gewirbelt wird, dann ist man immun gegen fast alle weiteren Anfechtungen, die einen im Studium und danach bei der Arbeit erwarten. Sie können sich das aber auch in etwa so vorstellen: Der christliche Glaube wird nach dem 1. Semester rein rational und wissenschaftlich beleuchtet und erkundet, dabei lernen die Studierenden sich selbst und die anderen noch stärker zu reflektieren; sie hinterfragen alles kritisch, auch die eigenen Denkweisen und die der anderen.

Sie können sich vorstellen, wie anstrengend das schon mal in einer Diskussionsrunde sein kann. Es ist aber auch wiederum sehr gut, da man als evangelischer Christ sich weiter frei im eigenen Glauben entfalten kann, ganz im Sinne von Martin Luther.  

Evangelische Johanneskirche/Stadtkirche Düsseldorf
Blick auf die Johanneskirche Düsseldorf
Foto: Achim Beiermann

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich …”

Roman Massold: Gebet ist für mich kein Monolog, sondern ein Gespräch mit dem HERRN.“ Wenn ich mit der Gemeinde und der Pfarrperson im Gottesdienst bete, dann habe ich das Gefühl, dass GOTT gegenwärtig ist und unsere Gebete zumindest erhört werden. Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl der Geborgenheit, deshalb bete ich am liebsten in Gemeinschaft der Gläubigen. Dabei entsteht eine besondere Geisteskraft, wenn die Gläubigen mit- und füreinander – aber auch für die Abwesenden – beten.

Ich danke für das Gespräch.

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