Du bist zutiefst und für immer geliebt

Bo Katzman

Bo Katzman ist einer der erfolgreichsten Musiker der Schweiz. Seine meist ausverkauften Konzerte besuchten mehr als 1 Million Zuschauer und eine halbe Million verkaufte Tonträger (davon 13 Gold-Auszeichnungen) stehen für seinen großen Erfolg. Sein musikalischer Werdegang begann mit dem Jazz, ließ ihn viele Jahre in der Rockmusik verweilen und führte ihn schließlich zum Gospel. Ich freue mich, dass ich Herrn Katzman die folgenden Fragen stellen durfte:

Ich bin in der Musikszene nicht so bewandert, aber wenn ich überlege, wer als Jazzmusiker zur Rocksparte gewechselt ist, dann fällt mir nur der Schlagzeuger Charlie Watts von den Rolling Stones ein! Sie aber sind Ihren musikalischen Weg noch weitergegangen und haben schließlich eine Heimat im Gospel gefunden. Was hat Sie zu einer Stilrichtung geführt, die vor allem religiös geprägt ist?

Herr Katzman: Nun, nach einigen Jahren als Rock- und Popmusiker, in denen ich die genre-üblichen Themen besang, befand ich, dass sich mein musikalisches Engagement nicht in diesen zumeist oberflächlichen Texten erschöpfen sollte. Ich besann mich darauf, dass Musik mehr sein konnte, als nur Unterhaltung, ja, mehr sein musste, denn sie besaß die Kraft, nicht nur auf das Ohr zu wirken, sondern auch auf das Gemüt, das Herz, die Seele.

Ich wollte ein Musiker sein, der mit der Musik nicht nur Füße zum Wippen bringt, sondern Herzen bewegt.

Musik ist eine wichtige Macht, mit der man auf Menschen einwirken, sie beeindrucken und sogar beeinflussen kann. Ich wollte ein Musiker sein, der mit der Musik nicht nur Füße zum Wippen bringt, sondern Herzen bewegt. In der Gospelmusik, die ihre Wurzeln in den Spirituals und im Blues der versklavten Afrikaner in Amerika hatte, fand ich die Tiefe, die ich suchte. Hinter dieser Musik stand ein betrogenes und verschlepptes Volk, das litt und hoffte, hier ging es um Leben und Tod. Untersucht man die Themen dieser Lieder etwas genauer, so erkennt man sehr ehrliche und persönliche Statements zum Leben, und das war es, wonach ich strebte.

Bei YouTube lässt sich ein Video finden, in dem Sie sehr offen und mit berührenden Worten von Ihrem Nahtoderlebnis berichten, das Sie als junger Mann im Zusammenhang mit einem schweren Motorrad-Unfall hatten. Können Sie uns in wenigen Sätzen Ihre Begegnung mit dem “Jenseits” schildern?

Herr Katzman: Es ist nicht ganz einfach, ein Thema kurz zu umschreiben, mit dem ich zwei Bücher gefüllt habe, aber ich versuch’s gern: Nach dem Unfall wurde ich sofort ins Spital verfrachtet und dort notfallmäßig operiert. Ich war unter Vollnarkose gesetzt worden, jedoch erwachte ich unvermittelt mitten in der Operation und befand ich mich bei hellstem Bewusstsein, das intensiver war, als alles, was ich bis dahin erlebt hatte.

Ich realisierte, dass ich mich nicht mehr in meinem Körper befand, ich sah ihn von oben auf dem Behandlungstisch liegen. Offensichtlich befand “ich” mich an der Decke des Raumes und konnte so die Szene überblicken, als plötzlich eine große Hektik aufkam. Ich hörte wie der Chirurg rief: “Jetzt hat es ihm die Pumpe (das Herz) abgestellt! Bringen Sie sofort den Elektroschock-Apparat!” Mein Herz hatte also aufgehört zu schlagen und mir wurde klar, warum ich mich nicht mehr im Körper befand: Ich war tot.

In diesem Moment war es mir möglich, alle Gedanken der Personen im Raum wie ein lautes Gespräch wahrzunehmen.

Bo Katzman geht in diesen beiden Büchern ausführlich auf sein im Interview erwähntes Nahtoderlebnis ein.


Ich schwebte von meiner Position an der Decke herunter und versuchte den behandelnden Chirurgen am Arm zu packen, um ihm zu sagen, dass ich tot sei und es keinen Zweck habe, mich retten zu wollen. Ich konnte ihn jedoch nicht fassen. Mein Arm glitt einfach durch ihn hindurch und ich erkannte, dass ich ja gar keinen Arm mehr hatte, ja dass ich überhaupt keinen Körper mehr hatte, sondern ein Geistwesen geworden war.

Wie ein Wassertropfen im Meer ging ich im Meer des Wissens auf und wurde ein Teil des Allwissens.

Nach einer Weile wurde ich plötzlich mit sanfter Kraft weggezogen und in eine mir unbekannte Dimension versetzt, die Dimension der zeitlosen Ewigkeit. Wie ein Wassertropfen im Meer ging ich im Meer des Wissens auf und wurde ein Teil des Allwissens. Da begann am Horizont ein zartes Licht zu schimmern. Es war zwar nur ganz schwach wahrzunehmen, aber ich realisierte sofort, dass dies kein Licht im üblichen Sinne war, sondern eine Energie, die so starke Liebe ausstrahlte, dass sie nur leuchten konnte. Ich fühlte mich in deren Ausstrahlung völlig akzeptiert und geborgen.

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Die Quelle dieser intelligenten Energie sprach zu mir, aber ohne Worte zu gebrauchen, und ich vernahm ihre Botschaft auf telepathische Weise. In menschliche Sprache übersetzt war ihr Sinn ungefähr so:

“Du hast nichts zu befürchten. Es gibt nichts, das du falsch machen kannst. Du bist zutiefst und für immer geliebt.”

“Du hast nichts zu befürchten!”
Foto: Achim Beiermann

Hat sich Ihr Verhältnis zum Glauben durch das Nahtoderlebnis nachdrücklich verändert?

Herr Katzman: Die Veränderungen stellten sich nicht sofort ein. Im Laufe der Zeit jedoch hat mein Charakter tatsächlich begonnen, sich zu ändern. Ich wurde feinfühliger gegenüber geistigen Ebenen. Es fällt mir heute leichter, mich in einen meditativen Zustand der Andacht und des Gebets zu versetzen. Außerdem versuche ich seither nach Kräften, mich an den Vorsatz zu halten: “Wie man gerne selber behandelt werden möchte, so behandle Andere.”

Ich habe gemerkt: Andere glücklich machen, macht dich selbst glücklich. Aber die wichtigste Veränderung war die Einsicht, den Sinn des Lebens kennengelernt zu haben. Der Sinn des Lebens ist es, die Fähigkeit zu Lieben zu vervollkommnen. Auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind: Jeder Lebensweg ist ein Weg zur Liebe hin, denn es gibt kein anderes Ziel.

Glauben Sie an die Kraft des Gebets? Sind Sie – salopp gefragt – ein Gelegenheitsbeter oder suchen Sie regelmäßig die Zwiesprache mit Gott?

Herr Katzman: Das Gebet ist ein Weg, die Nähe unseres Schöpfers zu suchen, indem man sein eigenes Herz in liebevolle Schwingungen versetzt. Liebe ist nicht in erster Linie ein Gefühl, sie ist eine Energie, die wirken und be-wirken kann. Sie ist eine reale, schöpferische Kraft, und das Gebet ist der Schlüssel, sich in diese Liebes-Sphäre hineinzubegeben und von dort aus zu wirken. Wer also im Namen der Liebe betet, bittet, denkt oder handelt, der arbeitet mit der stärksten Kraft, die es gibt. In diesem Sinne bete ich oft und gern.

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich…”

Herr Katzman: Beten bedeutet für mich nicht, die gelernten Sätze und Formeln aufzusagen, die wir beigebracht bekommen haben. Für viele Menschen erschöpft sich das Beten im Bitten: Man bittet Gott um Vorteile im Leben, um Trost, um Hilfe. Beten hat aber eine viel tiefere Bedeutung. Wirkliches Beten ist nichts anderes als die Bemühung, sich geistig mit den Schwingungen der Liebe in Einklang zu bringen. Dazu braucht es nicht einmal Worte, es ist eine Angelegenheit des Herzens, eine Meditation, ein gefühltes Statement der Dankbarkeit und Liebe.

Ich danke für das Gespräch.

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