Jürgen Hoffmann ist Pfarrer der evangelischen Tersteegen-Kirchengemeinde in Düsseldorf. Ich freue mich, dass Herr Hoffmann damit einverstanden ist, dass ich einen seiner täglichen spirituellen Impulse als aktuellen Beitrag (September 2023) für die Rubrik „An(ge)dacht“ verwenden darf.
Gott gibt mich nicht auf!
Ich habe keine Ahnung, wie viele Bibeln in wie vielen Regalen stehen – und nachdem sie einmal dort abgestellt wurden, den Weg zurück ins Leben nicht mehr finden, also in die Hände von Menschen, die sie lesen würden. Ich vermute, es sind unzählige. Der äußere Staub entspricht dann dem, was man sich vom Inhalt erwartet. Dabei ist die Bibel alles andere als „verstaubt“.
Wobei ich sagen muss – es ist schon auch ein bisschen Arbeit, sich in die Bibel hineinzulesen. Aber dann kann man wirkliche Schätze entdecken. Mit dem Satz von Martin Schleske, der mich gerade begleitet, ist „Bibellesen wie Gold schürfen.“ Es ist diese Freude am Suchen und am Finden, die einen packen kann, wenn man einmal den Zugang gefunden hat.
Gerade verstehe ich mich selbst so, dass ich Ihnen die Freude am „Schatzsuchen“ oder „Goldschürfen“ nahebringen möchte. Und ich muss zugeben, dass ich das wirklich gern mache und selber Freude daran habe.
Suchen und Finden – und die Freude an beidem.
Es gibt dieses wunderbare 15. Kapitel im Lukasevangelium, wo es in gleich drei kleinen Geschichten, in sog. Gleichnissen, darum geht. Dreimal geht etwas verloren. Dreimal wird das Verlorene gesucht. Dreimal wird es gefunden. Dreimal gibt es eine übergroße Freude über das Wiederfinden. Das kann kein Zufall sein. Fangen wir also an, nach dem „Gold zu schürfen“:
Ein Schaf geht verloren. Der Hirte lässt die restliche Herde zurück und sucht, bis er das eine verlorene wiederfindet.
Ein Geldstück geht verloren. Die Frau, die ohnehin nur 10 besitzt, kann sich den Verlust dieser einen Münze nicht leisten. Sie sucht und sie findet.
Ein junger Mensch geht verloren. An seinem Tiefpunkt findet er sich selbst wieder, findet einen Ausweg, der gleichzeitig ein Rückweg ist, und findet seinen Vater wieder, der ihn schon erwartet und ihm entgegenläuft – und seinen Sohn wiederfindet.
Ich bin Gott wirklich wichtig. Gott gibt mich nicht auf.
In der Bibel sind diese Geschichten als Verlustgeschichten überschrieben: Das „verlorene“ Schaf, das „verlorene“ Geldstück (eine Drachme), der „verlorene“ Sohn. Eigentlich schade, denn alle drei sind Geschichten vom Wiederfinden und von der Freude über das Finden.
Ich finde, bis hierhin haben wir schon ziemlich viel Gold freigelegt. Aber es geht noch weiter. Denn jetzt kommt der eigentliche „goldene Kern“ zum Vorschein: alle Gleichnisse erzählen etwas über Gott – und über uns.
Gott lässt es keine Ruhe, wenn etwas oder jemand verlorengeht. Er geht nach. Er sucht. Er lässt alles andere stehen und liegen. Gemeint sind wir. Es ist seine Liebe, die uns sucht, die nichts und niemanden aufgibt. Und es ist etwas unendlich Kostbares, wenn sich ein Mensch finden lässt. Jeder einzelne Mensch ist Gott wichtig. Auch Sie – und ich.
Vielleicht lassen Sie sich von diesem Gedanken in den nächsten Tagen und Wochen einfach mal begleiten: „Ich bin Gott wirklich wichtig. Gott gibt mich nicht auf.“
Ich wünsche Ihnen einen gesegneten September!
P.S.: Vielleicht verspüren Sie Lust, Ihre Bibel aus dem Regal zu holen, um noch ein bisschen weiter nach „Gold zu schürfen“? Dann versuchen Sie es mit diesen beiden Versen:
Johannesevangelium 3, 16 und 1. Johannesbrief 4, 16.
Sehr kurz, aber wirklich wertvoll.“