Gott schweigt – vom Gefühl, verlassen zu sein

Regen Mensch Meer

„Ich bete – aber ich höre nichts. Ich bitte – aber es verändert sich nichts. Wo ist Gott?“
So oder so ähnlich schreiben mir viele Menschen, die sich aufrichtig nach Gottes Nähe sehnen – und doch nur Leere erfahren. Das Gefühl, von Gott vergessen, übersehen oder gar verlassen worden zu sein, kann lähmend sein. Und es ist nicht selten. Viele kennen diesen Schmerz.

Die Bibel verschweigt solche Erfahrungen nicht. Im Gegenteil: Die Psalmen, das große Gebetsbuch der Bibel, sind voll davon. „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, doch meine Hilfe ist ferne“ (Psalm 22). Diese Worte hat später auch Jesus am Kreuz gebetet. Sie zeigen: Selbst der Sohn Gottes kennt das Gefühl, dass der Vater schweigt.

Gottvertrauen bedeutet nicht, immer eine Antwort zu bekommen. Es bedeutet auch nicht, dass wir uns immer getröstet fühlen oder die Gegenwart Gottes klar spüren. Der Glaube kennt auch das Dunkel, das Schweigen, das Aushalten. Viele große Glaubensmenschen berichten davon – nicht nur in der Bibel, auch in der Geschichte: Mutter Teresa etwa sprach über Jahrzehnte von einer inneren Gottverlassenheit, obwohl sie gleichzeitig unermüdlich im Dienst der Liebe stand.

Aber warum schweigt Gott? Warum zeigt er sich nicht klarer? Wir wissen es nicht. Vielleicht, weil er nicht manipulieren will. Vielleicht, weil er uns Raum lässt für eigene Schritte. Vielleicht auch, weil unsere Vorstellungen von einem „sprechenden“ Gott zu sehr unseren Wünschen ähneln.

Aber das Schweigen Gottes heißt nicht, dass er nicht da ist. Manchmal wirkt Gott nicht laut und sichtbar, sondern leise und verborgen. In einem Menschen, der zuhört. In einem Wort, das mitten im Zweifel plötzlich Trost spendet. In einem Gebet, das wir kaum über die Lippen bringen – und das doch gehört wird.

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Wer hadert, wer zweifelt, oder klagt – der ist Gott nicht fern. Im Gegenteil: Gerade das ehrliche Hadern ist oft Ausdruck einer tiefen Sehnsucht und eines bleibenden Vertrauens. Denn wer nichts mehr erwarten würde, der würde auch nicht mehr beten. Auch die Klage ist ein Gebet. Auch die Anklage richtet sich an einen Gott, an den man sich noch wendet. Ja, sogar ein wütendes „Herr Gott nochmal!“ kann Beten sein!

Es ist nicht leicht, durch Phasen der Stille zu gehen. Aber du bist darin nicht allein. Viele gehen diesen Weg – und Gott geht ihn mit. Auch wenn du ihn gerade nicht spürst. Vielleicht ist er näher, als du denkst.

Am Ende bleibt der Glaube oft ein Vertrauen wider alle Gefühle. Kein Wissen, sondern ein Halten an einem Gott, der gesagt hat: „Ich bin bei euch alle Tage“ – auch dann, wenn wir ihn nicht sehen. Auch dann, wenn er schweigt. Selbst dann, wenn es weh tut.

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