Wenn Gott schweigt – muss der Glaube tragen

Beten Kirche Gott schweigt

Es gibt Tage, da ist es still. Nicht die wohltuende Stille nach einem langen Arbeitstag. Nicht das beruhigende Schweigen vor dem Schlafen. Sondern diese drückende, schmerzhafte Stille, die entsteht, wenn man Gott eine wichtige Frage stellt – und keine Antwort kommt.

Ich kenne das gut. Auch ich warte oft vergeblich auf ein Zeichen, ein Wort, eine Antwort „von ganz oben“. Besonders dann, wenn ich mit meinem Herzen am Limit bin. Wenn ich bete, auch für andere Menschen, dabei fast schon flehe – und das Echo trotzdem ausbleibt. Und ja, ich gestehe es offen: Manchmal macht mich dieses Schweigen sogar wütend. Ich frage mich, wie ein Gott, der sich Vater nennt, so fern sein kann. So unberührt von unserem Schmerz. So still, wenn wir ihn am dringendsten brauchen.

Es ist ein tiefes, altes Menschheitsgefühl. Schon im Buch Hiob verzweifelt ein Mensch, weil Gott schweigt: „Ich schreie zu dir, aber du antwortest mir nicht“ (Hiob 30,20). Auch die Psalmen kennen dieses Klagen, diesen inneren Aufschrei. Und selbst Jesus selbst ruft am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Markus 15,34). Wenn also sogar der Sohn Gottes diesen Moment völliger Verlassenheit kennt, dann ist es keine Schande, wenn auch wir in solchen Phasen des Glaubens stehen.

Aber es bleibt nicht dabei.

Denn obwohl Gott schweigt, bleibt er nicht fern. Vielleicht liegt darin das Geheimnis: Dass Gott nicht immer redet, aber immer da ist. Wie ein Vater, der nicht alle Fragen sofort beantwortet, aber nie den Raum verlässt. Je älter ich werde, desto mehr gelingt es mir, mich daran festzuhalten. Und manchmal tröstet mich der Gedanke, dass nach meinem Erdenleben ein Tag kommen wird, an dem ich all das verstehen werde – sogar sein Schweigen. Daran glaube ich ganz fest.

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Inzwischen glaube ich auch: Wenn Gott schweigt, bedeutet dies nicht seine Abwesenheit. Vielleicht ist es seine Weise, uns reifen zu lassen. Uns Raum zu geben für Vertrauen. Vielleicht ist es auch seine leise Gegenwart, die tiefer spricht als jedes laute Wort.

Und manchmal, wenn ich zurückblicke, erkenne ich: Da, wo ich mich verlassen fühlte, hat er mich dennoch getragen. Nicht mit Worten, sondern mit Menschen, die plötzlich da waren. Mit einem Bibelwort, das mir zuflog. Mit einem Moment der Ruhe inmitten des Chaos. Und dann begreife ich: Gott schweigt nicht, um mich zu quälen – er schweigt manchmal, damit ich genauer hinhöre. Nicht mit dem Ohr, sondern mit dem Herzen.

Wer an den schweigenden Gott glaubt, braucht Mut. Aber auch Hoffnung. Denn es gibt ihn – diesen einen Tag, diese eine Erkenntnis, diese leise Antwort, die plötzlich da ist. Vielleicht nicht in Form eines Wunders, sondern als ein stiller Friede, der sich in mein Herz legt. Und das reicht. Für den nächsten Schritt. Für das nächste Gebet. Für den Glauben, der getragen wird, selbst wenn er keine Stimme hört.

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