
Pastor Thorsten Nolting ist einer von drei Geschäftsführern der Stiftung Bethel im Norden, die zu den insgesamt fünf eigenständigen, kirchlichen v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel (kurz: Bethel) zählt.
Der Auftrag, dem sich Bethel seit seiner Gründung im Jahr 1867 verpflichtet sieht, lautet „Für Menschen da sein“. Aktuell engagiert sich Bethel in acht Bundesländern für behinderte, kranke, alte oder benachteiligte Menschen. Bethel ist mit etwa 24.000 Mitarbeitenden eine der größten diakonischen Einrichtungen Europas.
Ich freue mich, dass Herr Pastor Nolting sich die Zeit genommen hat, meine Fragen zu beantworten.
Herr Pastor Nolting, was hat Sie persönlich motiviert, diese verantwortungsvolle Position in Bethel zu übernehmen?
Thorsten Nolting: Die Position in Bethel steht für mich für „diakonisch handeln“. Dass ich das mit so vielen anderen zusammen tun und etwas für andere Menschen gestalten kann, freut mich sehr. Ich empfinde Verantwortung nicht als Last, sondern Verantwortung als ernsthaften Umgang mit Aufgaben und Menschen.
Unter Diakonie versteht man alle Aspekte des Dienstes am Menschen im kirchlichen Umfeld. Wie sieht für Sie in der heutigen Zeit gelebte Diakonie aus?
Thorsten Nolting: Nicht viel anders als zu anderen Zeiten, weil Diakonie zunächst hört und sieht, wie es jemandem geht. Jesus fragt: „Was willst du, dass ich dir tun soll?“. Die Frage ist gut, weil sie dem anderen meine Zuwendung nicht überstülpt, sondern hören will, was jemand braucht – aber durch die Frage schon die Bereitschaft signalisiert, sich im Rahmen der eigenen Möglichkeiten einzusetzen.
Das kann für den Einzelnen von nachbarschaftlicher Hilfe bis zur Hilfe in Notfällen gehen. Die organisierte Diakonie kümmert sich um Menschen, die oft längere und professionelle Unterstützung brauchen.

Foto: selbst, Freistatt mit Hinweisschilder, cropped von ibfd, CC0 1.0
Bei uns in Freistatt kann das mit einem Dach über dem Kopf anfangen, über Beratung, Arbeitsmöglichkeiten bis zur Suche nach einer Wohnung gehen. Bei den Kindern und Jugendlichen, die bei uns wohnen, soll Vertrauen entstehen und Zuversicht. Suchtkranke Menschen sollen Respekt erfahren und Selbstsicherheit gewinnen, alte Menschen sollen sich bei uns zu Hause und geborgen fühlen.
Bei allem, was bei jemandem als Diakonie ankommen und helfen soll, ist wichtig, dass es mit Herz und Überzeugung passiert.
Wie verbinden Sie christliche Werte mit den täglichen Herausforderungen in einer so großen Einrichtung wie Bethel?
Thorsten Nolting: Zum Glück ergeben sich aus Erfahrungen mit dem eigenen Glauben und den eigenen Versuchen, das Richtige zu tun – auch positive Routinen.
Aber natürlich gibt es auch schwierige Themen und Fragen, die der Auseinandersetzung bedürfen. Wir haben bei uns für die Altenhilfe ein Ethik-Komitee, in dem Grenzfragen aus christlicher Perspektive diskutiert werden. Wir sind dabei Ethik-Cafés einzurichten, wo Mitarbeitende ihre Fragen einbringen und klären können. Und es gibt bei Bethel große Konferenzen, wo wichtige Zukunftsfragen intensiv erörtert werden. Das ist der Vorteil einer großen christlichen Institution.
Welche neuen Projekte oder Initiativen planen Sie, um die Arbeit von Bethel weiterzuentwickeln?
Thorsten Nolting: Wir sind gerade dabei in Freistatt, das ist in der Nähe von Diepholz, einen neuen Schulcampus zu planen. Wir merken, dass der Bedarf bei Kindern und Jugendliche bei der emotionalen und sozialen Entwicklung unterstützt zu werden, enorm wächst. Die Regelschulen haben gar nicht die Möglichkeiten, individuell zu unterstützen wie es nötig ist. Bei uns machen das multiprofessionelle Teams.
Als erstes bauen wir im nächsten Jahr neue Räume für die Intensivpädagogik – auch hier ist die Nachfrage sehr groß und wir können unser phantastisches Gelände im Moor für Erlebnispädagogik und unterschiedliche therapeutische Angebote (Reittherapie mit unseren eigenen Pferden zum Beispiel) nutzen.
Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich …”
Thorsten Nolting: Gebet ist für mich ein kontinuierliches Gespräch mit Gott, in das ich jederzeit aufmerksam einsteigen kann. Es ist Trost und Vergewisserung, Beruhigung und Ermutigung.
Ich danke für das Gespräch.
Ergänzende Erläuterungen:
Die Betriebe Bethel sind ein rechtlich unselbstständiger Teil der Stiftung Bethel. Die einzelnen Betriebe dienen der Selbstversorgung und spielen auch eine Rolle bei der Beschäftigung benachteiligter Menschen. Zu den Betrieben Bethel zählen:
- Brockensammlung
- Buchhandlung
- Garten- und Landschaftsbau
- Gebäudetechnik
- Gebäudereinigung
- Malergeschäft
- Posaunenwerkstatt
- Zimmerei
Weitere Betriebe gibt es in der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, in Freistatt und in einigen der Tochtergesellschaften.
Es gibt verschiedene Tätigkeitsfelder:
- (Akut-)Krankenhäuser
- Altenhilfe
- Arbeit: Werkstätten für behinderte Menschen und Berufsbildungswerk
- Schulen und Ausbildungsstätten
- Epilepsie
- Förderschulen und allgemeinbildende Schulen
- Hilfe für Menschen mit Behinderungen
- Hilfe für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen
- Jugendhilfe
- Hospizarbeit: mehrere stationäre Erwachsenenhospize und ein stationäres Kinder- und Jugendhospiz sowie ambulante Hospizarbeit
- Psychiatrie: Erwachsenenpsychiatrie, Kinder- u. Jugendpsychiatrie, Hilfen für Menschen mit psychiatrischen Beeinträchtigungen
- klinische Suchtkrankenhilfe
(Quelle: Wikipedia)