
Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; gelobt sei der Name des Herrn.
– Hiob 1,21
Hiob ist eine der beeindruckendsten Figuren der Bibel. Ein Mensch, der nacheinander alles verliert: seine Kinder, seinen Besitz, seine Gesundheit und der trotzdem nicht aufhört, sich an Gott zu wenden. Auf den ersten Blick wirkt das sicher befremdlich. Warum sollte jemand Gott loben, wenn ihm das Schlimmste widerfährt?
Doch vielleicht steckt in dieser Geschichte etwas Tieferes. Etwas, das auch dann berührt, wenn man mit Kirche oder Glauben wenig anfangen kann.
Hiob ist kein Held, der einfach alles klaglos wegsteckt. Im Gegenteil. Er schimpft und schreit selbst Gott an: „Warum?“ Wieder und wieder. Und gerade darin liegt seine Größe. Denn die Bibel macht hier etwas Unerwartetes: Sie lässt zu, dass ein Mensch hadert, zweifelt, sogar Gott gegenüber laut wird – und sie nennt das trotzdem Glaube.
Hiob ist also kein stummer Dulder. Er ist einfach ehrlich. Und genau das macht ihn für uns so menschlich. Viele kennen solche Erfahrungen: Ein geliebter Mensch stirbt. Eine Krankheit verändert das Leben. Etwas bricht weg – äußerlich oder innerlich. Und man selbst bleibt zurück mit einem großen Nichts und der Frage: Warum passiert dies alles ausgerechnet mir?
Hiobs Antwort auf das Unbegreifliche ist nicht Resignation, sondern ein Akt des Vertrauens:
„Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen; gelobt sei der Name des Herrn.“
Das ist kein „Schicksal akzeptieren und schweigen“. Es ist eher: Ich weiß nicht, was hier geschieht – aber ich halte mich trotzdem an das, was mir bleibt: Gott.
Das kann auch heißen: Ich klammere mich an die Hoffnung, dass da etwas oder jemand ist, der größer ist als meine Verzweiflung. Dass mein Leid nicht umsonst ist. Und dass ich nicht allein bin – selbst wenn ich mich so fühle.
Dies ist ein Gedanke, der weit über den Glauben hinausreicht: Der Mensch lebt davon, dass er hoffen kann, selbst wenn alles dagegen spricht.
Hiob zeigt: Das Leid darf offen angesprochen werden. Fragen dürfen offenbleiben. Aber selbst im Dunkeln kann Vertrauen wachsen – nicht immer als glasklare Überzeugung, aber vielleicht als leises: „Ich gebe nicht auf.“
Am Ende der Geschichte erfährt Hiob eine Wende. Nicht, weil er alles richtig gemacht hat. Sondern weil er ehrlich geblieben ist – sich selbst und Gott gegenüber.
Vielleicht ist das die eigentliche Botschaft: Du darfst verzweifeln. Du darfst klagen. Und du darfst hoffen – auch, wenn du nicht weißt, wie. Es gibt ein Weiter – selbst, wenn du es noch nicht sehen kannst.
Foto: Kirsten Bohne