Gott (er-) hört unsere Gebete

Heinz Frantzmann

Herr Heinz Frantzmann war als evangelischer Pfarrer in Düsseldorf tätig, in der Kirchengemeinde Düsseldorf-Eller und bei der Diakonie Düsseldorf. Vor fast genau einem Jahr wurde er in den Ruhestand verabschiedet. Ich freue mich, dass ich ihm folgende Fragen zum Thema Beten stellen durfte.

Herr Frantzmann, Sie waren 40 Jahre als Pfarrer im Dienst. Wie hat sich aus Ihrer Sicht während dieser Zeit die Einstellung der Menschen zum Beten gewandelt?

Pfarrer Frantzmann: Eine genaue Analyse gibt es da sicherlich nicht. Beobachten kann man jedoch, dass die Menschen momentan zunehmend unterschiedliche Formen der Meditation für sich selbst suchen, finden und ausüben. Auch der Wunsch nach persönlicher Spiritualität wächst. Symbole und Rituale werden wichtig und gedeutet. Dabei beschäftigen sich viele meist zu sehr mit sich selbst und tauchen in die eigene Gefühlswelt ein. Der Kontakt, im Gebet mit Gott in einen befreienden und lösenden Dialog zu treten, wird dabei oftmals vernachlässigt. Es fehlt dann ein vertrauensvolles Gegenüber. Im Gebet bin ich nicht auf mich allein gestellt und das ist gut so!

Betende Hände
Warum sollte ich überhaupt beten?
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Warum sollte ich überhaupt beten? Gott weiß doch alles über mich und kennt somit auch meine Sorgen, Wünsche und Hoffnungen.

Pfarrer Frantzmann: Manchmal sagen Menschen zu mir: beten Sie für mich Herr Pastor! Lange Zeit dachte ich, das kann doch jeder selbst, beten!

Dann wurde mir immer mehr bewusst: Menschen brauchen es, dass andere an sie denken und für sie beten, weil sie wissen, dass wir mit den eigenen Kräften allein nicht durchs Leben kommen.

Keiner lebt für sich allein. Jeder braucht die anderen, die Hoffnung für ihn haben, die sich im Gebet ausdrückt. Jeder Mensch braucht die Zuversicht, die andere für ihn haben, indem sie für ihn beten und ihn mit guten Wünschen begleiten. Aber, auch wer für einen anderen betet, weiß, dass seine Hoffnungen und Wünsche für einen Menschen zu gering sind. Darum wünscht und hofft er nicht nur. Er gibt seine Sorgen und seine Liebe für andere in ein Gebet und überlässt sie den Händen, die stärker sind als seine eigenen. Er gibt sie an Gott ab.

Gott weiß doch alles über mich! Ja, und das ist doch zugleich das Schönste, was man sich denken kann, wenn wir gesehen werden, wie wir sind. Es ist doch wohltuend, wenn man sich denken kann, dass einer, der uns liebt, uns in unseren Schwächen und Stärken, in unseren Ängsten und Hoffnungen erkennt, ohne dass diese Erkenntnis uns vernichtet.

Dass Gott unseren Herzengrund kennt, besser als wir ihn selbst kennen, ist keine Drohung, es ist ein Akt der Liebe Gottes. Diese Nähe und dieses Vertrauen ermutigen mich, meine Gedanken, Wünsche und Erfahrungen im Gebet vor Gott zu bringen. Das ist eine dauerhafte und zugleich lebendige Lebens- und Glaubenshaltung, Tag für Tag.

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Erhört Gott Gebete?

Pfarrer Frantzmann: Es gibt die Erfahrung, dass Gebete nicht erhört werden, so wie wir uns das gewünscht haben. Aber, so glauben wir, Gott hört sie. Gott hört, er ist nicht teilnahmslos und unberührt von den Gedanken und Bitten der Menschen, auch wenn diese nicht sofort erfüllt werden. Unsere Gebete haben Sinn, aber sie sind keine Instrumente, um das zu erreichen, was ich mir vorstelle. Es ist aber wichtig, die Wünsche und Bitten, die man für sich selbst und andere hat, nicht für sich zu behalten, sondern ihnen eine Stimme im Gebet zu verleihen. Es ist hilfreich, die Stimme im Gebet zum Dank zu erheben, zum Protest, zur Klage, zur Empörung, was mir oder anderen Menschen angetan wird.​

Wir müssen mit vielen ungelösten Frage leben.

Warum aber ertrinken die Flüchtenden, warum siegt die Gewalt gegen die Armen, obwohl wir sie im Gebet Gott anbefehlen. Warum sterben Menschen so früh? Diese Warum-Frage wird aus unseren betenden Herzen nie weichen. Wir müssen mit dieser ungelösten Frage leben. Aber solange wir die Frage nach dem Warum stellen, rechnen wir doch mit Gott und seinem Eingreifen.

Wann beten Sie?

Pfarrer Frantzmann: Beten hat für mich immer mit meinen momentanen Erfahrungen, Gefühlen und Lebenssituationen zu tun. Die persönliche Reflexion darüber ist notwendig. Dazu gehören auch die Geschehnisse in der Gesellschaft und in der globalen Welt. Die Beschäftigung damit mündet dann oftmals im Gebet.

Jedoch sind mir die Gedanken von Dietrich Bonhoeffer zu einem wichtigen Leitwort geworden: Beten und tun des Gerechten!

Beten stärkt das Vertrauen zu Gott, aber auch mein Handeln und Denken erhält zugleich Impulse und Energien.

Zu Gott beten
Welche Bibelworte tragen Sie durchs Leben?
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Gibt es ein Gebet oder einen Bibelspruch, von dem Sie sich durchs Leben getragen fühlen?

Pfarrer Frantzmann: Das Vater unser ist für mich und viele Menschen, denen ich begegnet bin, das Gebet, das einem in so vielfältigen Lebenssituationen und Erfahrungen schnell von den Lippen geht. Es zeigt den Respekt vor Gott und die Hoffnung auf sein kommendes Reich auf. Das Vater unser ist nicht egoistisch, sondern nimmt alle Menschen in den Blick mit ihren Wünschen, Bitten und Schwächen.

Zwei Bibelworte, die mich durchs Leben tragen:

  • „Die Menschen, die auf Gott vertrauen, erhalten neue Kraft; dass sie auffahren mit Flügel wie Adler, dass sie laufen und nicht müde werden, dass sie wandeln und nicht matt werden“. (Jesaja 40, 31)
  • „Denn Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“. (2. Timotheus 1, 7)

Ich danke für das Gespräch.

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