
„Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen.“
– Matthäus 5,9
Der 8. Mai 1945 markierte das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa. Er bedeutete das Ende eines unfassbaren Leids, das durch Hass, Krieg und Gewalt über Millionen gebracht wurde. Für einige war es ein Tag der Befreiung, für andere ein Tag des Zusammenbruchs. Und für uns Nachgeborene ist es ein Tag des Erinnerns: Was lernen wir aus der Geschichte?
In den Seligpreisungen – einem zentralen Teil der Bergpredigt – spricht Jesus davon, wer in seinen Augen „selig“ oder gesegnet ist. Unter anderem sagt er: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ Damit meint er nicht einfach Menschen, die es „ruhig“ mögen oder sich aus Konflikten heraushalten. Er meint Menschen, die sich aktiv um Frieden bemühen – die Versöhnung suchen, die Brücken bauen und heilen wollen, wo Wunden sind.
Das ist auch heute noch eine große und für uns Menschen kaum lösbare Aufgabe, wie uns nicht zuletzt das Weltgeschehen wieder zeigt. Davon abgesehen ist Frieden auch nicht einfach der Zustand, wenn kein Krieg herrscht. Frieden bedeutet, dass Menschen einander achten, dass sie fair miteinander umgehen und dass sie Unterschiede nicht mit Gewalt, sondern mit Respekt behandeln. Auch Kompromisse gehören immer wieder dazu. Ein solcher Frieden braucht Mut. Und er beginnt bereits im Kleinen: im Zuhören, im Verzeihen, im Nein zu Hass.
Wenn man den 8. Mai betrachtet, kann man sich fragen: Wie kann aus Schuld neue Verantwortung wachsen? Wie können wir als Gesellschaft, als Einzelne, aus der Vergangenheit lernen? Wie können wir verhindern, dass alte Feindbilder wieder zu neuem Hass führen?
Jesus ermutigt hier jeden Menschen – nicht nur fromme oder besonders „heilige“ – sich als Friedensstifter zu verstehen. Das können kleine Gesten sein: sich für jemanden einsetzen, der schwächer ist, einen Streit beilegen oder sich gegen Ungerechtigkeit positionieren. Es können aber auch große gesellschaftliche Zeichen sein: sich für Frieden zwischen Völkern stark machen, für Demokratie, für Menschenrechte.
Auch wenn man mit Kirche nichts zu tun hat, steckt in diesem Vers eine Botschaft, die jeden berühren kann: Wir alle tragen Verantwortung dafür, wie wir miteinander umgehen. Frieden fällt nicht einfach vom Himmel. Er wächst dort, wo Menschen bereit sind, ihre Angst und ihren Stolz zu überwinden.
Der 8. Mai erinnert uns daran: Frieden ist ein Geschenk – aber auch eine Aufgabe. Lasst uns dankbar dafür sein, dass wir in einer Zeit leben dürfen, in der wir diese Aufgabe gestalten können. Und lasst uns dafür beten, dass wir selbst zu Menschen werden, die diesen Frieden in die Welt tragen.