Raum der Stille für Radfahrer und Wanderer

Andreas Schlüter

Andreas Schlüter ist Pastor der Freien evangelische Gemeinde Hoerstgen. Er gab den Anstoß, die erste Kapelle für Fahrradfahrer und Wanderer am Niederrhein einzurichten. Im vergangenen Sommer wurde dieser besondere „Raum der Stille“ in der Molkereistr. 18 im Kamp-Lintforter Ortsteil Hoerstgen eröffnet und bietet neben einer Bibel, Liederbüchern und einigen Andachtsbüchern auch Sitzgelegenheiten.

Ich freue mich, dass Herr Pastor Schlüter sich die Zeit genommen hat, meine Fragen zu beantworten.

Herr Pastor Schlüter, was hat Sie inspiriert, die Idee einer Kapelle für Fahrradfahrer und Wanderer zu verwirklichen?

Andreas Schlüter: Es gab dazu tatsächlich unterschiedliche Motivationen. Zum einen bin ich davon überzeugt, dass eine Gemeinde oder Kirche einen Ort braucht, an dem man zur Ruhe kommen kann. In klassischen Kirchen ist dieser Ort oft die Kirche selbst, bzw. in den großen Kirchen gibt es Orte der Stille und des Gebets, die extra eingerichtet sind. Wir als Freikirche haben einen Saal, der allerdings multifunktional genutzt wird. Dort probt der Chor, die Musiker, manchmal finden dort Kleingruppen oder Jugendveranstaltungen statt. Einen wirklichen Ort, an dem man zur Ruhe kommen kann, hatten wir nicht. Daher der Gedanke, so einen Ort zu schaffen, der dann eben auch wirklich 24/7 geöffnet ist. Mir gefällt der Gedanke, in der Gemeinde eine ”spirituelle” oder ”geistliche” Mitte auch räumlich darzustellen. 

Raum der Stille

Zum anderen war ich in meinem vorherigen Job in ganz Deutschland unterwegs und habe mir in meinem Reisedienst immer gerne die Autobahnkapellen angeschaut (soweit es mir zeitlich möglich war).

Unser Gemeindehaus liegt an einem der vielen Fahrradwegen am Niederrhein. Warum also nicht einen Ort schaffen, an dem Fahrradfahrer und Wanderer einmal zur Ruhe kommen können. Beide Gedanken passten ganz gut zusammen. Daher haben wir im letzten Sommer das Projekt umgesetzt.

Wie haben Sie das Konzept umgesetzt und gab es dabei eine größere Herausforderung?

Andreas Schlüter: Da wir den Raum, ein Gartenhaus, auf dem Gemeindegrundstück gerade ”frei” hatten, war es technisch kein Problem, den Gedanken umzusetzen. Unsere Gemeindemitglieder fanden die Idee von Anfang an gut, daher gab es keine Probleme.

Welche Reaktionen haben Sie bisher von den Besuchern der Kapelle erhalten?

Andreas Schlüter: Wir haben ein Gästebuch, in dem die ersten Einträge sehr positiv sind. Auf der einen Seite sagen Menschen danke für diesen Ort. Aber auch die ersten Gebetsanliegen sind dort formuliert. Einzelne Personen haben mich auch bereits angesprochen und waren von der Idee und der Umsetzung begeistert. Nach dem letzten Jugendgottesdienst war dieser Ort ein Ort des Gebetes für junge Menschen. Wie gesagt, insgesamt sind die Reaktionen positiv. Ich denke aber, das wir auch in der Gemeinde immer wieder deutlich machen sollten, warum ein Ort der Einkehr und Stille ein echter Gewinn ist.

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Welche Rolle spielt Spiritualität in einer so hektischen und modernen Welt für Sie persönlich?

Andreas Schlüter: Im Johannesevangelium 15 Vers 5 spricht Jesus: ”Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.”

Er in mir und ich in ihm … das beschreibt eine intime Beziehung, die Jesus selbst mit uns leben möchte. Spiritualität heißt, diese Beziehung zu pflegen und aus ihr zu leben – egal in welchem Umfeld, in welcher Hektik und Herausforderung meines Lebens.

Ich merke, dass ich täglich eine Zeit der Stille und Orientierung brauche, in der ich Bibel lese und bete. In dieser Zeit schaue ich mir an, wer Jesus für mich ist, wie er mein Leben sieht und was daraus für mein Umfeld entsteht. Dabei geht es mir nicht in erster Linie um mein Reden, sondern um das Hören und Wahrnehmen. 

Und: Egal wie hektisch meine Alltag ist, egal wo ich mich gerade aufhalte, ob  in geistlichen Gesprächen, beim Sport oder auch im Stadion … wenn er in mir lebt, also ”Christus in mir” (nichts anderes ist der Heilige Geist), dann werde ich ihn nicht los. Da wo ich bin, ist er auch. Und es hilft, das immer wieder bewusst wahrzunehmen und so manchmal sehr spontan Orientierung für mein Handeln zu bekommen. 

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich …”

Andreas Schlüter: Gebet ist für mich der Kern der Beziehung zu Jesus, Gebet ist Kommunikation und Ausdruck dessen, was ich bei der Frage nach Spiritualität beschrieben habe: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, …“ Gebet ist ein Teil von „in ihm bleiben…“.

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