
Der Karsamstag ist ein merkwürdiger Tag. Die Dramatik des Karfreitags liegt hinter uns, das Licht von Ostern ist noch nicht da. Es ist ein Tag des Schweigens, der Leere, des Wartens. Jesus liegt im Grab. Alles scheint aus zu sein. Und doch ist dieser Tag einer der tiefsten im Kirchenjahr.
In der frühen Kirche galt der Karsamstag als Tag der Grabesruhe. Jesus ruht – so wie Gott am siebten Tag nach der Schöpfung ruhte. Doch diese Ruhe ist nicht einfach Leere. Sie ist gespannt, still, aber voller Erwartung. Es ist das Schweigen vor dem Neubeginn.
Viele Menschen kennen solche Zeiten: Zwischen dem Ende und dem Anfang. Wenn ein Lebensentwurf zerbricht, ein geliebter Mensch gegangen ist, oder die Zukunft ungewiss erscheint. Der Karsamstag spricht in diese Zwischenräume. Er sagt: Auch das Warten hat einen Sinn. Auch im Dunkel wächst Leben.
Liturgisch ist der Karsamstag geprägt von der Stille. Es gibt keine Gottesdienste – erst mit Einbruch der Nacht beginnt die Feier der Osternacht, das große Fest des Lebens. Diese Stille ist keine Resignation, sondern gespannte Hoffnung.
Was sagt uns der Karsamstag heute?
Er lädt uns ein, die Zwischenzeiten des Lebens ernst zu nehmen. Wir müssen nicht immer sofort Lösungen finden, nicht immer gleich weitermachen. Es darf auch Tage geben, an denen nichts geschieht – außer Vertrauen.
Der Karsamstag lehrt uns das Aushalten. Wir müssen nicht alle Fragen beantworten, nicht jede Dunkelheit sofort vertreiben. Manchmal genügt es, da zu sein, zu warten, zu hoffen – gegen alle Hoffnung.
Und schließlich sagt uns dieser Tag: Die Geschichte ist nicht zu Ende. Was wie das Ende aussieht, kann der Anfang sein. Das Grab wird nicht das letzte Wort haben. Noch nicht. Aber bald.