Immer ganz Ohr: ZUHÖREN.DRAUSSEN

Christine von Fragstein

Christine von Fragstein ist Kulturmanagerin und Kuratorin. Sie hat als Projektleiterin internationale Großprojekte und über 700 Veranstaltungen durchgeführt, zum Beispiel für die Berlinale, das Zurich Film Festival, die DFB Kulturstiftung, die RUHR.2010 und viele andere. Im Jahr 2021 gründete sie mit Unterstützung des Kultusministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Düsseldorf die Bürgerinitiative ZUHÖREN.DRAUSSEN. Ich freue mich, dass Frau von Fragstein sich die Zeit genommen hat, auf meine Fragen zu antworten.

Frau von Fragstein, was hat Sie dazu inspiriert, die Initiative ZUHÖREN.DRAUSSEN ins Leben zu rufen?

Christine von Fragstein: Wir haben uns in der Pandemie gegründet. In dieser Zeit gab es viele Konflikte, selbst im Familien- und Freundeskreis. Menschen wurden abgewertet, ausgegrenzt, das Ganze hatte eine völlig neue Dimension in unserer Streitkultur. In dieser Zeit moderierte ich jeden Mittwoch morgen einen virtuellen Kreis mit Kulturschaffenden. Wir hörten von internationalen Initiativen, die sich dem ZUHÖREN widmen, wie z.B. Urban Listening. So entstand die Idee, rauszugehen, in die Öffentlichkeit und Menschen an Stelle eines „free hugs“ offene und aufmerksame Ohren anzubieten. 

Wie wählen Sie die ehrenamtlichen Zuhörer*innen aus und welche Qualitäten sind Ihnen dabei besonders wichtig? 

Christine von Fragstein: Wichtig sind für uns große Offenheit, Neugierde und Respekt vor Menschen aus unterschiedlichsten Lebensumständen. Für diese Art von Ehrenamt benötigt man eine stabile Persönlichkeit und Standfestigkeit. 

Wie reagieren die Menschen auf Ihr Angebot des Zuhörens in der Öffentlichkeit?

Christine von Fragstein: Unterschiedlichste Menschen kommen zu uns. Viele sind sehr dankbar. Einige kommen regelmäßig. Das Zuhören ist ein Geschenk für beide Seiten. Den Ehrenamtlichen, der zuhört und der, der erzählt. Man lernt sich kennen, man tauscht sich aus und alles bleibt vertraulich. 

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Gibt es bestimmte Geschichten oder Begegnungen, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?

Christine von Fragstein: Mich bewegen die Geschichten der älteren Menschen sehr, die kaum noch Kontakt haben, und die ZUHÖR.Bänke aufsuchen, um zu reden. Oder von alleinerziehenden Müttern, die alles versuchen: Beruf und Kinder ganz alleine unter einen Hut zu bringen und wenig bis kaum Zeit für sich selbst haben. Oder von Migranten, bei unserem Kooperationspartner HISPI, die von ihren Familien erzählen und gleichzeitig Deutsch mit uns in Anwendung bringen.

Ehrenamtliche MitarbeiterInnen
Ehrenamtliche MitarbeiterInnen von ZUHÖREN.DRAUSSEN
Foto: Anne Orthen

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich …” 

Christine von Fragstein: Eine Form von Meditation, Fokus und Manifestation. Gebet drückt sich bei mir oftmals in großer Dankbarkeit für unsere Initiative, unsere Möglichkeiten aus.

Hinweis: Die Ehrenamtlichen der Initiative sind an einem orangefarbenen Schild mit der Aufschrift „Ich höre dir zu“ oder „ZUHÖREN.DRAUSSEN Düsseldorf“ zu erkennen. Zusätzlich gibt es speziell gekennzeichnete ZUHÖR.Bänke, die zum Austausch einladen. Regelmäßig ist ZUHÖREN.DRAUSSEN auch in Einrichtungen wie der Stadtbücherei, Sprachcafés oder Bürgerzentren zu Gast, um den Menschen dort ein Gesprächsangebot zu machen.

Ich danke für das Gespräch.

Termine: Die nächsten Termine und Orte in Düsseldorf finden Sie online! Oder hören Sie gerne mal in den ZUHÖREN.-Podcast rein.

(Hinweis zu dem verwendeten Foto von Christine von Fragstein: Die Bildrechte liegen bei Michael Lübke.)

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