Ich denke, Gott ist ein echter Liberaler

Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Frau Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist Politikerin und Publizistin. Sie war von 2008 bis 2014 Erste Bürgermeisterin der Stadt Düsseldorf. Seit 2017 ist sie Mitglied des Deutschen Bundestags und dort Sprecherin für Verteidigungs- und Kommunalpolitik der Fraktion der Freien Demokraten. Frau Dr. Strack-Zimmermann kenne ich schon viele Jahre als praktizierende Katholikin und weiß, dass sie auch lange Zeit Vorsitzende des Pfarrgemeinderats der katholischen Kirchengemeinde St. Margareta in Düsseldorf war.

Ich freue mich, dass ich Frau Dr. Strack-Zimmermann die folgenden Fragen stellen durfte.

In einem früheren Interview mit der Westdeutschen Zeitung äußerten Sie sich dahingehend, dass Sie jeden Sonntag den Gottesdienst in einer katholischen Kirche besuchen. Inwieweit beeinflusst Ihr Glaube Ihr politisches Handeln?

Frau Dr. Strack-Zimmermann: Da muss ich etwas ausholen:

Ich glaube an Gott, weil ich mir sicher bin, dass es da etwas „Höheres“, „Größeres“ geben muss – alles andere fände ich im Übrigen auch beängstigend! Insofern spielt der Glaube an Gott nicht nur im Persönlichen – sondern auch in meiner politischen Arbeit eine wichtige Rolle. Ich habe durchaus moralische Vorstellungen vom Leben, und die fließen immer auch in meine Arbeit ein. Ich bin übrigens ziemlich sicher, dass Gott im Grunde seines Herzens ein echter Liberaler ist. Er hat den Menschen in die Lage versetzt, nach freiem Willen sein Leben in die Hand zu nehmen und letztlich ihn auch die Freiheit gegeben selbstverantwortlich zu handeln!

Das moralisch Vertretbare ist für mich der Kompass meines Handelns.

Wenn ich politische Entscheidungen treffe, spielt es daher für mich auch eine Rolle, was ich persönlich moralisch für vertretbar halte. Das ist für mich der Kompass meines Handelns, den ich von meinen Großeltern und Eltern von Kindesbeinen an mitbekommen habe.

St. Margareta Mittelschiff
Basilika St. Margareta, Düsseldorf
Foto: Achim Beiermann

Wenn ich von etwas überzeugt bin, kann ich durchaus dafür hart kämpfen, ich liebe zudem die deutliche Sprache, aber das hat mit Moral nichts zu tun, sondern wie ich vielmehr mit anderen Menschen umgehe, vor allem wenn sie schwächer sind. Es gibt Werte und die sollten die Basis für eine funktionierende Gesellschaft sein. Unterm Strich: Ja, der Glaube prägt unterbewusst meine Arbeit. Es gibt so etwas Grundsätzliches, was ich tun würde, und was ich niemals tun würde, weil ich der Meinung bin, dass es immer auch Grenzen geben muss, auch wenn Politik oft ein “munteres” Geschäft ist.

Gab es in Ihrem politischen Leben Momente, in denen Sie um die richtige Entscheidung rangen und auf die Kraft und Hilfe des Gebets setzten?

Frau Dr. Strack-Zimmermann: Ich habe öfters auf die Kraft des Gebetes gesetzt, vor allem in Situationen, die mich stark herausgefordert haben und in denen ich dachte “Lieber Gott, was geht hier ab?”. Aber, dass es mal eine konkrete Situation gab, in der ich mich fragte, ob ich diesen oder jenen Weg gehen solle und mir quasi im Gebet den Weg habe weisen lassen? Möglicherweise, aber an ein bestimmtes Thema kann ich mich nicht erinnern. In der Regel weiß ich relativ schnell, was ich will.

Ebenfalls lesenswert
Machen wir es wie Gott - werden wir Mensch!

Ich kann mir vorstellen, dass Ihnen die vielen Ämter und Funktionen, die Sie bekleiden, nur wenig Freiraum für private Dinge lassen. Finden Sie trotzdem auch noch Zeit für ein Gebet?

Frau Dr. Strack-Zimmermann: Ja, die Zeit finde ich, aber nicht in dem Sinne, dass ich in die Kirche gehe und mich dorthin knie und bete. Es gibt zum Beispiel Momente, wenn ich unterwegs bin, in denen ich manches Mal ein Zwiegespräch mit Gott führe und dann das gute Gefühl habe, begleitet zu werden. Oder ganz konkret, wenn ich beispielsweise in den Alpen beim Ski fahren bin und die begnadete Schönheit der Berge sehe; dann denke ich oft: „Mein Gott, was hast du für eine unglaublich schöne Welt erschaffen!”

Alpenpanorama
Alpenpanorama
Foto: Pixabay

Inzwischen bin ich dreifache Großmutter und jedesmal, wenn die Geburten anstanden, habe ich gedacht: Lieber Gott, lass alles gut gehen, lass Mutter und Kind gesund sein! In einer solchen Situation, die natürlich unglaublich emotional und persönlich ist, befinde ich mich im Dauerzwiegespräch mit Gott.

Ich weiß, dass Sie drei inzwischen erwachsene Kinder haben. Welche Rolle hat in Ihrer Familie das gemeinsame Gebet gespielt?

Frau Dr. Strack-Zimmermann: Als die Kinder klein waren, habe ich sie regelmäßig mit in den Gottesdienst genommen. Kirchenfeste gefeiert und sie als Messdiener begleitet. Salopp gesagt, das ganze Programm absolviert.

Auch wenn meine inzwischen erwachsenen Kinder nicht mehr regelmäßig in die Kirche gehen, mache ich dennoch die schöne Erfahrung, dass zum Beispiel bei Hochzeiten, Beerdigungen, Taufen oder anderen Festtagen, diese Prägung immer noch präsent ist.

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich…”

Frau Dr. Strack-Zimmermann: Gebet ist für mich Zwiesprache mit Gott zu halten.

Manchmal biete ich Gott einen „Deal“ an.

Ich räume ein, einen sehr kindlichen Glauben zu haben. Ich danke Gott, wenn etwas Tolles passiert ist, wenn ich mich über einen Erfolg freue. Ich danke ihm, dass er mir viel Kraft auf meinem Lebensweg mit gegeben hat, übrigens auch mit Niederlagen entspannt umzugehen. Und manchmal biete ich ihm einen „Deal“ an, wenn das geschieht …, dann mache ich das… Funktioniert nicht immer, aber ein Versuch ist es wert!

Ich danke für das Gespräch.

Tags: , , ,