Ich setze mich für eine offene Kirche ein

Fiona Paulus

Frau Fiona Paulus ist seit März 2021 ehrenamtliche Vorsitzende der Evangelischen Jugend im Rheinland (EJiR). Die Evangelische Jugend im Rheinland ist das Dach aller Aktivitäten der Kinder- und Jugendarbeit auf dem Gebiet der rheinischen Kirche. Rund 100.000 Kinder und Jugendliche sind in Gemeinden, Jugendhäusern und Verbänden engagiert. Hinzu kommen Ehrenamtliche und hauptamtlich Mitarbeitende.

Frau Paulus, im Rahmen meiner Recherchen habe ich erfahren (das Internet verrät alles ;-), dass Sie in Bonn Physik studiert haben. Nun würde man zunächst wohl sagen, dass Religion auf Glauben und Hoffnung, Wissenschaft auf Wissen und sicheren Beweisen basiert. Wie passt dieser vermeintliche Widerspruch in Ihr Weltbild?

Frau Fiona Paulus: Aus meiner Sicht ist es überhaupt kein Widerspruch. Im Studium habe ich gelernt, wie perfekt abgestimmt diese Welt ist, wie viele Faktoren nötig sind, um das Universum, die Erde und uns zu ermöglichen. Daraus gibt es für mich nur zwei Konsequenzen: Wir sind nur eins von unendlich vielen Universen mit jeweils unterschiedlichen Parametern oder es gibt einen Schöpfer. Und Mitgefühl, Geborgenheit und Liebe kann ich mir auch durch unendlich viele Universen nicht erklären.

Weltraum
Die Welt ist perfekt abgestimmt, um uns Menschen zu ermöglichen
Foto: Pixabay

Ihr kirchenpolitisches Engagement begann schon in jungen Jahren. So haben Sie bereits 2019 die erste evangelische Jugendsynode überhaupt im Rheinland geleitet, mit der die Landeskirche die Mitbestimmung Jugendlicher zu stärken versuchte. Wie kamen Sie zu dieser verantwortungsvollen Aufgabe und welche Ziele wollten Sie erreichen? Inwieweit ist Ihnen das gelungen?

Frau Fiona Paulus: Die Jugendsynode wurde gemeinsam von der Evangelischen Kirche und der Evangelischen Jugend im Rheinland, deren stellvertretende Vorsitzende ich zu dem Zeitpunkt war, geplant und durchgeführt. Durch die Elternzeit der Vorsitzenden durfte ich diese dann auch gemeinsam mit Präses Rekowski leiten. Unser Ziel war es Jugendpartizipation in den Fokus zu rücken. Es ist wichtig, dass junge Menschen unsere Kirche mitgestalten, mitprägen und verändern und dafür muss es auffallen, wenn in einem Gremium keine einzige junge Person sitzt, es muss auffallen, wenn keine jungen Perspektiven gehört werden, wenn Jugendarbeit und Gemeindeleben nebenher existieren.

Es ist wichtig, dass junge Menschen unsere Kirche mitgestalten.

Ich denke, es ist uns gelungen, darauf aufmerksam zu machen und durch einige Gesetzesänderungen wird nun auch eine diversere Gremienzusammensetzung sichergestellt. Am Ziel sind wir aber dadurch noch nicht. Ich glaube, wir müssen unsere Entscheidungsprozesse grundlegend überdenken und auch andere Partizipationsmöglichkeiten neben einer langfristigen Mitarbeit im Presbyterium schaffen.

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Sie sind als Vorsitzende der Evangelischen Jugend im Rheinland für vier Jahre gewählt. Welches sind Ihre Kernanliegen, die Sie in dieser Zeit umsetzen oder zumindest anstoßen möchten?

Frau Fiona Paulus: Die Eingrenzung der Klimakrise ist eine maßgebliche Aufgabe für uns alle und damit auch für die Evangelische Jugend und die Evangelische Kirche. Deshalb müssen wir alles daran setzen, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten und eine Zukunft für uns und nachfolgende Generationen zu sichern. Auch wir als evangelische Christ*innen tragen hier eine Verantwortung und ich hoffe, dass wir gemeinsam die Richtung vorgeben können und eine sozial-ökologische Ausrichtung von Politik und Gesellschaft anregen. Das ist ein großes Ziel, aber ich bin sicher, gemeinsam kann man sehr viel erreichen.

Ich will mich für eine offene Kirche einsetzen, in der Gemeinschaft gelebt wird.

Aber auch innerhalb der Kirche stehen wir im Moment vor großen Umbrüchen und vielen Zukunftsprozessen. Ich will mich für eine offene Kirche einsetzen, in der Gemeinschaft gelebt wird und alle Menschen, insbesondere alle Altersgruppen, gleichermaßen im Blick sind, in der jede Stimme gehört wird und die sich laut und deutlich gegen Ungerechtigkeit ausspricht und wir uns nicht mit komplizierten Strukturen, Verwaltungen und Gesetzen selbst im Weg stehen.

Welche Bedeutung hat für Sie das Gebet? Gab es für Sie schon Situationen, in denen Sie dachten, dass jetzt nur noch Beten helfen kann?

Frau Fiona Paulus: Ich glaube, den Gedanken, dass jetzt nur noch Beten helfen kann, hatte ich so noch nicht, aber diese Situationen gab es trotzdem und Beten hat mir geholfen. Für mich ist ein Gebet eine Zuflucht, es hilft mir, mich und meine Gedanken zu sortieren, Ruhe zu finden und bestärkt weiterzumachen.

Wie würden Sie den folgenden Satz fortsetzen? “Gebet ist für mich…”

Frau Fiona Paulus: Gebet ist für mich eine Kraftquelle.

Ich danke für das Gespräch.

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