Heinz Frantzmann war als evangelischer Pfarrer in Düsseldorf tätig, in der Kirchengemeinde Düsseldorf-Eller und bei der Diakonie. Im Jahr 2019 wurde er in den Ruhestand verabschiedet.
Ich bin dankbar dafür, dass sich Herr Frantzmann bereit erklärt hat, in 2022 die monatlichen Beiträge für die Kolumne “Angedacht” zu schreiben.
Der Seele Raum geben (2/3)
Ist es nicht wunderbar, dass Artikel 140 unseres Grundgesetzes vorsieht, dass die Sonntage und Feiertage zur “seelischen Erhebung gesetzlich geschützt” bleiben? Was für ein schöner Freiraum, sich um die Seele – egal wie groß oder klein sie ist – zu kümmern.
In meinem Beruf als Pfarrer spielte die Seele eine wichtige Rolle. Als Seelsorger bin ich der Seele der Menschen begegnet. In den vielen Fragen und Geschichten wurde offensichtlich, ob mir jemand mit einer verängstigten Seele gegenübersaß, ob eine schwere Last auf seiner Seele lag oder eine freudige Seele Bestätigung suchte und Freude teilen wollte. Auch verlorene Seelen habe ich gesehen, die herumirrten und keinen Halt fanden.
Die Seele zeigt sich im Gespräch und im Gebet. Nicht vollständig. Eher zaghaft und leise wagt sich etwas von dem hervor, was jemanden zutiefst bewegt oder freut.
Und ich fühle mich geehrt, dass Menschen sich mir in dieser Weise anvertrauen. Ein riesiger Vorschuss an Vertrauen, den es sorgfältig zu behandeln gilt.
Das vertraute Gespräch mit Menschen, die etwas suchen, bringt einen miteinander in Kontakt, auch mit meiner eigenen Seele.
Und oft suchen Menschen nach etwas, das viel weiter führt als dieses Gespräch. In einer Kirche zum Beispiel hofft man auf Gott, auf Barmherzigkeit, Geborgenheit. Auf Trost und dass sich etwas zum Guten wendet. Gut, dass es diese kirchlichen Räume gibt.
Auch Sigmund Freud fällt einem ein, der große Spurensucher der Seele. Er hat sie gründlich erforscht und weist noch auf weitere Zusammenhänge hin. Er zeigt den inneren Raum des Menschen auf, in dem sich frühkindliche Prägungen tief in die Seele schreiben und weitere Erfahrungen führen zu unerklärlichem Verhalten und Blockaden in der eignen Entwicklung.
Jedoch der Seele angemessen bleibt die Zuwendung, das geschulte und einfühlsame Gespräch mit Psychologen, Beratern, Ärztinnen und Seelsorgern. Die Seele braucht das richtige Wort zur rechten Zeit. Niemand kann in die Seele eines anderen blicken, aber man kann sie erschließen, man kann sich einhören. Sie zeigt sich in vielem: Im Gesicht, in den Augen, in Mimik und Gestik.
Nutzen wir diese vielfältigen Möglichkeiten; sie öffnen der Seele Räume.
Wahres Leben besteht in der Sorge um die eigene Seele, sagte der griechische Philosoph Sokrates fast zeitgleich mit biblischen Autoren. Die Sorge um die Seele hat für die Psalmbeter eine Richtung. Sie sehen die Seele auf Gott bezogen.
Gott hat uns mit einer Seele geschaffen, die sich nach ihm sehnt. Viele schöne Gebete sind uns vor allem in den Psalmen überliefert, wo Menschen ihr Leben, ihre Not und ihre Fröhlichkeit mit Gott teilen.
“Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.” (Psalm 42,3)